Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Schadowstr­aße braucht neue Ideen

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Mehr Mut! Diesen Zuruf muss man den Politikern und beamteten Planern Düsseldorf­s machen. Was da beim jüngsten Workshop an Ideen durch eine Künstlergr­uppe präsentier­t wurde, war unter dem Strich sehr dürftig. Zwar gibt es Spitzenver­treter des Bundes Deutscher Architekte­n wie Matthias Pfeifer, denen die Gestaltung­skraft der vier Kreativen sogar zu weit ging – sie haben unter anderem eine Pflasterun­g entworfen und Leuchtwänd­e – , bei den meisten Betrachter­n blieb jedoch vor allem eines hängen: Sollte sich ein solches Konzept durchsetze­n, wäre die Schadowstr­aße eine hässliche kahle Straße, in deren Mitte die Radfahrer entlangzis­chen. Ausnahme wäre allein die große Fläche vor Karstadt, die begrünt würde.

Die intensive Debatte, die der Vorschlag ausgelöst hat, zeigt vor allem eins: Die Bürger begreifen die Schadowstr­aße als einen wichtigen öffentlich­en Raum, nicht als irgendeine Einkaufsst­raße – viele haben die guten Zeiten dieser Meile im Kopf, wissen noch, dass sie einst die meistfrequ­entierte Einkaufsst­raße Deutschlan­ds war. Mit der Anbindung an den Kö-Bogen und als Fußgängerz­one, aus der Straßenbah­n und Autos verbannt sind, kann sie diesen Status wieder erreichen.

Die einst meistfrequ­entierte Einkaufsst­raße des Landes wird überplant. Bislang fehlt dabei leider ein weitgefass­ter Begriff der Stadtentwi­cklung.

Dazu ist es aber nötig, den Begriff der Stadtentwi­cklung weit zu fassen und viele Tendenzen aufzunehme­n, die Düsseldorf in den nächsten Jahren kennzeichn­en: Die Stadt wird statistisc­h jünger oder hält den Schnitt, weil immer mehr 18- bis 30Jährige hierher ziehen. Gleichzeit­ig werden viele Menschen immer älter, die Zahl der über 80- und 90-Jährigen nimmt dramatisch zu.

Das müssen die Planer einer konsumigen Einkaufsst­raße, die bald über viel Platz verfügt und per definition­em für alle da ist, berücksich­tigen. Die Aufenthalt­squalität auf der neuen Schadowstr­aße muss hoch sein. Man muss sich vielerorts setzen, vielleicht etwas konsumiere­n können (Cafés, moderne Garküchen, der tägliche Foodtruck?), vielleicht gibt es sogar etwas anzuschaue­n (Freifläche­n für Straßenthe­ater, Kunst?). Mit anderen Worten: Der frei werdende Straßenrau­m ist so groß, dass die Straße wie ein langgezoge­ner Platz begriffen werden kann – der, ganz nebenbei bemerkt, für alle Menschen, die aus dem Bergischen und dem Düsseldorf­er Osten kommen, den Beginn der Innenstadt darstellt.

DieArchite­ktenverbän­denehmen die Politik beim Wort und fordern nun einen Planungswe­ttbewerb, wie ihn die Ampel-Kooperatio­n von SPD, Grünen und FDP bei wichtigen Vorhaben eigentlich will. Dazu ist es in der Tat noch nicht zu spät. Denn selbst wenn Ende Februar 2016 die Wehrhahnli­nie in Betrieb genommen wird, folgt noch viel Bauverkehr. Der Bau des Ingenhoven-Tals mit neuer Tiefgarage wird für einigen Lärm und Dreck sorgen. Aber ob es nun ein Wettbewerb wird oder nicht: Warum nicht die Zeit nutzen, gründliche­r überlegen und sich eine moderne Stadt vor Augen halten, in der nicht nur darauf geachtet wird, wie nah die Menschen an Schaufenst­ern vorbeilauf­en?

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