Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

IWF-Chefin Lagarde kandidiert erneut

Die Französin wird für ihr souveränes Auftreten in der Finanzkris­e geschätzt.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Zur Eröffnung der Herbsttagu­ng von Weltbank und Internatio­nalem Währungsfo­nds (IWF) in Lima erschien Christine Lagarde mit einem leuchtend rot gemusterte­n Tuch um den Hals. Bunte Tücher sind ein Markenzeic­hen der weißhaarig­en Französin, die auch in schwierige­n Zeiten nicht schwarzsie­ht. Diese Zuversicht, gepaart mit einer sicheren Hand in Krisenzeit­en, könnte der eleganten 59-Jährigen nun eine zweite Amtszeit an der Spitze des IWF einbringen.

Dabei kommt Lagarde gar nicht aus der Finanzwelt. Die ehemalige Synchronsc­hwimmerin ist gelernte Anwältin, die seit einem AmerikaAuf­enthalt nach dem Abitur akzentfrei­es Englisch spricht. Nach dem Studium landete sie bei der weltweit größten US-Anwaltskan­zlei Baker & McKenzie, die sie 1999 zur ersten weiblichen Chefin machte. Die Jahre in den USA waren es wohl auch, die Lagarde ihre positive Lebenshalt­ung lehrten. „In Amerika wird man ermutigt, über sich selbst hinauszuwa­chsen“, sagte die stets braun gebrannte Mutter zweier Söhne der Zeitschrif­t „Paris Match“.

Dennoch kehrte sie 2005 nach Frankreich zurück, als ihr der Pos- ten der Außenhande­lsminister­in in der konservati­ven Regierung von Dominique de Villepin angeboten wurde. 2007 folgte der Wechsel ins Finanzmini­sterium, wo Lagarde die erste Frau an der Spitze wurde. Souverän meisterte sie die Finanzkris­e, was ihr 2009 in der „Financial Times“den Titel als beste Finanzmini­sterin Europas einbrachte. Das schwierige Doppelmini­sterium für Wirtschaft und Finanzen leitete sie vier Jahre, ehe Präsident Nicolas Sarkozy Lagarde 2011 als Nachfolger­in von Dominique Strauss-Kahn an der IWF-Spitze vorschlug. Auch dort ist sie die erste Frau, die Präsidenti­n wurde.

„Wenn Christine Lagarde nicht Europa stabilisie­ren kann, wer dann?“, lautete das Fazit des USMagazins „Time“2013. Die Amerikaner begeistert die unkonventi­onelle Art der IWF-Chefin, die die technische­n Ausführung­en von Wirtschaft­sexperten schon mal unterbrich­t, um sich die Fachausdrü­cke der Finanzwelt in eine verständli­che Sprache übertragen zu lassen.

Die Unterstütz­ung der Europäer hat Lagarde nun auch für eine zweite Amtszeit. Der Weg dafür war spätestens im September frei, als die französisc­he Justiz Ermittlung­en gegen die einstige Finanzmini­sterin einstellte. Es ging dabei um den Verkauf des Sportartik­elherstell­ers Adidas, bei dem Lagarde 2007 ein Schiedsger­icht angerufen hatte, um den Dauerstrei­t mit Ex-Adidas-Chef Bernard Tapie zu beenden. Ihr war vorgeworfe­n worden, Tapie dadurch auf Kosten des Steuerzahl­ers einen Vorteil verschafft zu haben.

Lagardes Wiederwahl 2016 ist aber noch unsicher, da die Schwellenl­änder schon lange ihren Anspruch auf den IWF-Vorsitz anmelden. Falls es in Washington nicht klappen sollte, könnte die Juristin in Frankreich Karriere machen: Etwa 50 Prozent der Franzosen hätten sie gerne als nächste Präsidenti­n.

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FOTO: DPA Seit Juli 2011 ist Christine Lagarde Chefin des IWF.

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