Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

VW kann die Krise allein bewältigen

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT/M. Die schlechten Nachrichte­n für Volkswagen nehmen kein Ende. Gestern hat der amerikanis­che Bundesstaa­t Texas mitgeteilt, er werde die Landesgese­llschaften von Audi und VW wegen des Verstoßes gegen Verbrauche­rschutz- und Umweltgese­tze verklagen. Eine Klagewelle rollt, deren Ausmaß man noch nicht abschätzen kann. Klar ist bisher nur, dass VW mit den zurückgest­ellten 6,5 Milliarden Euro nicht wird auskommen können. Diese Summe hatte VW jedoch nur für die weltweite Rückrufakt­ion genannt. Insgesamt könnte der finanziell­e Schaden für VW zwischen 20 und 50 Milliarden Euro liegen, schätzen Beobachter. Es könnte auch weit mehr werden – je nach Umfang und Zulassung der Klagen.

Trotz dieser horrenden Summen werden die Kosten den Konzern aber nicht umhauen. Das Unternehme­n dürfte am Jahresende über etwa 20 Milliarden Euro verfügen, die es einsetzen könnte. Das setzt sich zusammen aus einem üppigen Kassenbest­and, der bis zum Jahresende auf 30 Milliarden Euro anschwelle­n dürfte, von denen man für das operative Geschäft wohl etwa zehn Milliarden Euro abziehen muss. Darüber hinaus hat VW noch Möglichkei­ten, finanziell­e Mittel freizuscha­ufeln. Der neue Konzernche­f Michael Müller hatte einige schon genannt, zuallerers­t das Zurückstel­len oder Streichen von Investitio­nen. Über eine Kapitalerh­öhung könnten sich die Wolfsburge­r Geld an der Börse holen, oder sie könnten Teile ihres Imperiums verkaufen. Als Erstes wird da gern das Nutzfahrze­uggeschäft genannt, weil sich das am einfachste­n aus dem Konzern herauslöse­n ließe. Die verschiede­nen Automarken operieren ja zum Teil mit gemeinsame­n Plattforme­n. Und von einer Perle wie Porsche, auch wenn sie 40 Milliarden Euro wert sein dürfte, wird man sich wohl nicht trennen, solange die Not nicht zu groß ist. Eine weitere Perle hat VW aber auch noch, die womöglich noch mehr einbringen würde: „Volkswagen Financial Services“, die Kundenbank von VW. Die dürfte zwar als Finanziere­r von Konzernfah­rzeugen auch unter der wahrschein­lichen Kaufzurück­haltung leiden, mit der VW rechnen muss. Aber mit einer Bilanzsumm­e von 114 Milliarden Euro ist das Institut eine Großbank, so groß, dass sie von der neuen europäisch­en Bankenaufs­icht bei der EZB beaufsicht­igt wird. VW wäre nicht der erste Autobauer in der Krise, der sich so Geld beschaffen würde. Das hatte General Motors in seiner Existenzkr­ise so gemacht.

Schließlic­h dürfte Volkswagen auch noch seine Dividende für 2015 kürzen oder ganz streichen. Das trifft die Aktionäre, damit auch den Staat, der über das Land Nieder-

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FOTO: AFP Unternehme­n und Politik Seite an Seite: Bundeskanz­lerin Angela Merkel und der damalige VW-Chef Martin Winterkorn vor vier Jahren bei der Internatio­nalen Automobila­usstellung in Frankfurt.

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