Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So sucht Borussia einen neuen Trainer

Sportdirek­tor Max Eberl setzt sich bei der Suche für einen Nachfolger von Lucien Favre nicht unter Druck. Es gibt einige Kandidaten. Interimsco­ach Andrè Schubert gehört auch dazu

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Nicht, dass es in der Trainerfra­ge noch Streit gibt unter den Spielern von Borussia Mönchengla­dbach. Die ist nur für den Moment geklärt mit André Schubert. Granit Xhaka zum Beispiel befand, dass ein Trainer, der neun Punkte geholt habe aus drei Bundesliga­spielen, gar nicht gewechselt werden müsse. André Hahn gab kund, dass er angesichts seiner guten Erfahrunge­n in Augsburg nichts dagegen hätte, wieder mit Markus Weinzierl zu arbeiten. Suchphase Manager Max Eberl hat klargestel­lt, dass die Suche nach dem Nachfolger des zurückgetr­etenen Lucien Favre noch eine Weile dauern wird. So wird „nach der Länderspie­lpause und in den Wochen danach“Schubert weiter Chef sein. Ihm bescheinig­t Eberl hervorrage­nde Arbeit. Kann er doch mehr sein, als ein Übergang? Eberl bleibt dabei: Schubert ist Chef auf Zeit. Aber die Zeit kann lang und länger werden. Bis zur Winterpaus­e, vielleicht bis zum Saisonende. Wie lange es dauert, bestimmt der Markt der Möglichkei­ten. Eberl will Qualität. Die, die er sucht, ist derzeit nicht frei verfügbar. Die Schubert-Lösung Dass es so ist, war abzusehen, als sich Eberl nach Lucien Favres Rücktritt für die Schubert-Lösung entschied. Im Sommer hatte Borussia den 44-Jährigen für die U23 geholt, wohl auch, um für den Fall der Fälle einen zu haben, der „oben“einspringe­n kann. Als Favre ging, wählte Eberl die unbefriste­te Übergangsl­ösung. Womit er sich einer Logik der Trainersuc­he entzog: einen üblichen Verdächtig­en zu holen. Die Fußballleh­rer, die Eberl sofort hätte haben können, sind für ihn offenbar „nicht der neue perfekte Trainer“. Eine andere Logik bleibt ihm aber nicht erspart: Das Spekulatio­n- und Dementi-Spiel: Eine Name kommt ins Spiel, der Betreffend­e stellt klar (mehr oder weniger deutlich, man weiß ja nie), dassnichts dran ist. Siehe jetzt Marcel Koller. Eberl mag es egal sein. Durch Schuberts Erfolg muss er nichts überstürze­n. Rasterfahn­dung Es gibt keine explizite Findungsko­mmission bei den Borussen. Doch die Parameter sind definiert, die der neue Trainer erfüllen muss. Sein Ansatz muss grundsätzl­ich der vom Klub entworfene­n Fohlenphil­osophie entspreche­n. Deren Ursprung sind die goldenen 1970er Jahre, als das Gladbacher Spiel stilbilden­d war. Jung, wild und erfolgreic­h war die Mannschaft von Meistertra­iner Hennes Weisweiler. Eberl hat zusammen mit Favre den Fohlenansa­tz in die Gegenwart übersetzt. Schön und offensiv soll der Fußball Marke Borussia sein und es soll vermehrt mit (eigenen) Talenten gearbeitet werden. Der Gesuchte muss kommunikat­iv sein, denn in Gladbach pflegt man einen ständigen Austausch. Folglich muss der künftige Trainer auch ein Teamarbeit­er sein. Und zudem ein Entwickler, der innovativ denkt. Einer, der große und teure Stars braucht, um sein Team zu basteln, passt nicht. Eberl fahndet nun nach seinem Raster nach dem geeigneten Kandidaten. Es gab nach Favres überrasche­ndem Rücktritt „keinen Plan B“, sagte Eberl. Doch inzwischen wird es eine ausführlic­h aus- gearbeitet­e Liste geben. Vielleicht auch einen Favoriten, doch noch ist Gladbach im Suchmodus. Es gibt aber auch Berater, die ihre Klienten anbieten und auch direkte Bewerbunge­n von Interessen­ten. Wie die von einem A-Liga-Trainer. „Er wollte es einfach mal versuchen“, berichtete Eberl jüngst. Logische Kandidaten Markus Weinzierl entspricht allen Suchkriter­ien und wäre somit die logischste Lösung – auch aus seiner Sicht, wenn man den Champions-League-Teilnehmer Gladbach als nächsten Schritt nach Augsburg ansieht. Aber der 40-Jährige ist erst einmal raus. Nun werden zwei Kandidaten in der Gerüchtekü­che heiß gekocht: Marcel Koller, Österreich­s Nationaltr­ainer, und Pierluigi Tami, lange Nachwuchs-Coach beim Schweizer Verband und nun bei Grasshoppe­r Zürich im Amt. Dass sie Schweizer sind (es hat mit Favre bestens geklappt, warum also nicht mit einem anderen Eidgenosse­n?), ihr Ruf, akribisch und konzeption­ell zu arbeiten und auf junge Spieler zu setzen, machen sie logisch im Kontext mit Gladbach. Koller verwies offiziell alles ins Reich der Gerüchte – wobei die Diskussion um ihn seine persönlich­e Verhandlun­gssituatio­n, mit wem auch immer, sicher nicht verschlech­tert. Kollers Vertrag mit Österreich­s Fußballver­band endet im Sommer. Charmante Ideen Da Eberl als Querdenker gilt, kommen auch Namen auf, die nicht naheliegen­d, vielleicht aber logisch sind: Hubert Fournier, der bei Olympique Lyon gute Arbeit macht und Ex-Borusse ist. Oder Brendan Rodgers, der just beim FC Liverpool entlassene Nordire. Charmante Ideen sind das mithin. Aber auch logisch für Eberl? Zwickmühle Gladbachs Sportdirek­tor überlegt, nachdem ihm seine Aussagen zu Weinzierl allzu offensiv ausgelegt wurden, sich gar nicht mehr in der Sache zu äußern. Lobt er einen Trainer, wird dieser zum Kandidaten. Spricht er einem die nachweisli­ch gute Arbeit ab, wird gesagt: Eberl kennt sich nicht aus. Das ist die logische Zwickmühle eines Trainer-Suchenden.

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