Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kreuzfeuer
Ich stand auf, raffte meine ungelesene Zeitung zusammen und ging hinaus. Bis zum Nachmittag, dachte ich, hatte sie bestimmt ihren sämtlichen Freunden von der Begegnung erzählt, und bis zum Abend wusste es wahrscheinlich die Hälfte ihrer Freundesfreunde.
Ich lief ein Stück die Straße hinunter, denn ich war mir sicher, dass jede meiner Bewegungen von drinnen beobachtet wurde. Also konnte ich nicht einfach herumlungern und betrat den Laden direkt neben dem indischen Restaurant. Ein Computer- und Elektronik-Geschäft.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?“, sprach mich ein junger Mann an.
„Nein, danke“, sagte ich. „Ich schau nur mal.“Aus dem Fenster nämlich. „Sagen Sie Bescheid, wenn Sie einen Wunsch haben“, meinte er und wandte sich wieder dem auseinandergenommenen PC zu, an dem er gebastelt hatte. „Mach ich.“Ich stellte mich vor einen Schaukasten am Fenster und sah konzentriert auf die andere Straßenseite. Der Schaukasten, bemerkte ich, enthielt lauter Kameras.
„Ich hätte gern eine Kamera“, sagte ich, ohne mich umzudrehen.
„Selbstverständlich, Sir“, erwiderte der junge Mann. „Eine bestimmte?“
„Wenn möglich eine, die ich sofort benutzen kann. Mit einem guten Zoom.“
„Wie wär’s mit der neuen Panasonic?“, sagte er. „Die hat einen achtzehnfachen optischen Zoom und ein Leica-Objektiv.“
„Das heißt, sie ist gut?“, fragte ich, immer noch aus dem Fenster blickend. „Sehr gut.“„Okay, dann nehme ich die. Und sie ist auch sofort einsetzbar?“
„Denke ich schon“, sagte er. „Sie müssen ziemlich bald den Akku auf- laden, aber ein bisschen Saft ist normalerweise drauf.“„Können Sie nachsehen?“„Klar.“„Und sie mir so einstellen, dass ich gleich ein paar Bilder machen kann?“
„Gern, Sir“, sagte der junge Mann. „Sie nimmt direkt auf Speicherkarte auf. Möchten Sie eine dazuhaben?“
„Ja, bitte.“Ich behielt den Postfach-Shop im Auge. „Zwei Gigabyte?“, fragte er. „Okay.“Ich rührte mich nicht von meinem Posten, während der junge Mann sich die Kamera vornahm, den Akku prüfte und die Speicherkarte einlegte.
„Soll ich sie wieder einpacken?“, fragte er. „Nein, lassen Sie nur.“Ich gab ihm meine Kreditkarte und wandte mich kurz zu ihm, um meine PIN einzugeben und mich zu vergewissern, dass ich hier kein Vermögen ausgab.
„Und lassen Sie die Kamera bitte eingeschaltet.“
„Dann hält der Akku nicht lange“, sagte er. „Sie ist aber ganz einfach einzuschalten bei Bedarf. Sie brauchen nur diesen Knopf zu drücken.“Er zeigte es mir. „Dann halten Sie drauf und knipsen – hier.“Er deutete auf einen anderen Knopf. „Den Rest macht die Kamera.“„Und der Zoom?“„Hier.“Er ließ das Objektiv vorund zurückfahren. „Prima, vielen Dank.“Er hielt mir eine Plastiktüte hin. „Ladegerät, Bedienungsanleitung und Garantie sind im Karton.“
„Danke“, sagte ich noch einmal und nahm die Tüte.
Schnell verließ ich den Laden und ging in das indische Restaurant nebenan, als ein Kellner gerade das Geschlossen-Schild an der Tür umdrehte.
(Fortsetzung folgt)