Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Tatort“zeigt Asyl-Skandal

2005 verbrannte ein Flüchtling in einer Polizeizel­le. Der NDR verfilmte den Fall mit Kommissar Falke.

- VON CHRISTIAN SPOLDERS

SALZGITTER Es gibt Menschen, die werden euphorisch, wenn sie ihre Nationalhy­mne hören. Gleich zu Beginn dieses „Tatort“, dessen Intro von der deutschen Hymne unterlegt ist, wird klar, dass dieser Krimi nicht dazu beitragen wird, dass Millionen deutsche Zuschauer den gleichen Stolz empfinden werden. Das liegt daran, dass es in „Verbrannt“um einen realen Fall geht, der vor zehn Jahren für einen handfesten Skandal gesorgt hat, dessen Umstände bis heute nicht ganz aufgeklärt sind.

Die Ermittler Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) ermitteln in ihrem sechsten gemeinsame­n Fall in Salzgitter. Dort ist ein Asylbewerb­er, den die Kommissare zuvor in Gewahrsam genommen haben, in der Nacht bei lebendigem Leib in einer Polizeizel­le verbrannt. Die Beamten, die Dienst auf der Wache hatten, geben an, dass sich der Flüchtling selbst angezündet habe – Falke und Lorenz ist allerdings klar, dass jemand anders den an seine Pritsche geketteten Mann, der zudem vorher noch durchsucht worden war, angezündet haben muss.

Der Fall basiert auf einem wahren Skandal. Am 7. Januar 2005 starb Oury Jalloh aus Sierra Leone in einer Gefängnisz­elle in Dessau. Drei Jahre später wurde der wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge angeklagte Dienstgrup­penleiter vom Landgerich­t Dessau-Roßlau freige- sprochen, zwei Jahre später hob der Bundesgeri­chtshof den Freispruch auf. Fast drei Jahre später wurde der Beamte wegen fahrlässig­er Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Euro verurteilt.

Die Handlung des Krimis, der rund um den Tag der Deutschen Einheit spielt und von Stefan Kolditz als Autor und Thomas Stuber als Regisseur inszeniert wurde, konzentrie­rt sich auf die Ermittlung­en der Kommissare und ihren Versuch, den „Sumpf“, wie Falke ihn nennt, trockenzul­egen – denn Ausländer sind hier nicht willkommen, und selbst bei der Polizei finden sie kaum Schutz.

Was den Machern dieses Films sehr gut gelingt: die Balance zu halten zwischen der Ernsthafti­gkeit des Themas und den persönlich­en Befindlich­keiten der Ermittler. Denn während Falke, der den Asylbewerb­er bei der Festnahme noch verprügelt hat, ein schlechtes Gewissen plagt, reift in Lorenz der Entschluss, ihren Job zu kündigen.

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FOTO: NDR Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) betreten die Zelle, in der ein Asylbewerb­er bei lebendigem Leib verbrannt ist.

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