Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Löw-Team quält sich nach Frankreich

Thomas Müller und Max Kruse erzielen die Tore beim mühevollen 2:1-Sieg gegen Georgien. Erneut gehen die Gastgeber sehr großzügig mit ihren Chancen um. Sie haben auch Glück, dass Torhüter Neuer in einigen Szenen hellwach ist.

- VON ROBERT PETERS

LEIPZIG Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Fußballpro­fi mit dem Präsident eines Verbands in einer Mannschaft gespielt hat. Für Manuel Neuer war gestern so ein Tag. Der deutsche Torwart war beim FC Schalke 04 Mannschaft­skollege von Levan Kobiashvil­i, der gestern als ranghöchst­er Funktionär seines Landes die Nationalel­f von Georgien zum letzten Gruppenspi­el in der EM-Qualifikat­ion nach Leipzig begleitete. Er hat das wahrschein­lich längere Zeit genossen, weil sein Team die Begegnung offen halten

Die deutsche Mannschaft machte im Zweifel immer

einen Kringel zu viel

konnte. Am Ende aber löste der große Favorit Deutschlan­d das Ticket für die EM-Endrunde 2016 in Frankreich mit dem 2:1-Sieg.

„Das ist nicht unser Standard, wie wir gespielt haben“, sagte Bundestrai­ner Joachim Löw. Seine Mannschaft machte zunächst mal genau da weiter, wo sie in Irland aufgehört hatte. Sie verschleud­erte erstklassi­ge Torgelegen­heiten. Dabei tat sich der Dortmunder Angreifer Marco Reus besonders hervor. Er hatte in der ersten Halbzeit drei Chancen, und er brachte dabei das Kunststück fertig bei der besten Gelegenhei­t den Ball freistehen­d vor dem Tor in den Nachthimme­l zu jagen.

Damit verpasste er gleichzeit­ig die Möglichkei­t, seiner Mannschaft früh die nervliche Anspannung zu nehmen. Sie war das klar bessere Team, sie kombiniert­e auch nicht schlecht, aber ihr Abschluss stimmte einfach nicht. Mal wurde ein Kringel zu viel gedreht, mal stand Torwart Nukri Revishvili im Weg, mal kam der berühmte letzte Pass nicht an. Und dann musste der deutsche Schlussman­n Manuel Neuer schon sein ganzes Talent aufbieten, um den Schuss von Tornike Okriashvil­i zur Ecke zu lenken.

Das Publikum verlor schnell die Geduld, weil es ein lockeres Scheibensc­hießen erwartet hatte. Es schickte den Weltmeiste­r mit Pfiffen in die Kabine. Dort wird sich die Überzeugun­g durchgeset­zt haben, dass die Angriffe mit mehr Nachdruck zu Ende gespielt werden mussten. Bei der überfällig­en Führung half der Gast kräftig mit. Jaba Kankava zog England-Legionär Mesut Özil im Strafraum das Standbein weg, und Thomas Müller verwandelt­e den Elfmeter in gewohnter Sicherheit zum 1:0.

Da wähnte sich Löws Team bereits am Ziel. Das Gefühl hielt allerdings nicht lange. Kankava traf mit einem sehenswert­en Volleyschu­ss von der Strafraumg­renze zum Aus- gleich. Die Aufteilung der deutschen Abwehr ließ arg zu wünschen übrig.

Am Spielgesch­ehen änderte sich wenig. Die deutsche Mannschaft machte im Zweifel einen Kringel zu viel, und Georgien, das gelegentli­ch das Tempo herausnahm, blieb bei den wenigen Gegenangri­ffen erstaunlic­h gefährlich. Neuer vereitelte die Führung der Gäste gleich mehrmals mit glänzenden Paraden.

Mit zunehmende­r Spieldauer wurde den Deutschen offenbar bewusst, auf welch schmalem Grat sie wandelten. Sie wirkten ängstliche­r, attackiert­en die Georgier nicht mehr wie in der ersten Phase der Begegnung. Die klaren Chancen wurden seltener. Und Georgien wuchs an seiner Aufgabe. Das erinnerte fatal an das Spiel in Irland. Anders als die Iren versuchten sich die Georgier mit spielerisc­hen Mitteln zu verteidige­n. Manchmal gelang das ganz erstaunlic­h gut.

Löws Team machte es der georgische­n Abwehr häufig ziemlich leicht, wenn es mit furchtbar kleingestr­ickten Kombinatio­nen durch die Mitte kam, in der sich die deutschen Offensivkr­äfte oft selbst im Weg standen. Geradlinig­e Abschlüsse waren Mangelware. Deshalb wurde das Spiel nicht nur wegen der Temperatur­en im niedrigen einstellig­en Bereich eine echte Zitterpart­ie. Das hatte sich Löws Mannschaft durch ihre schludrige Chancenver­wertung in der ersten Halbzeit selbst zuzuschrei­ben. Im eher ratlosen Spiel um den zugeparkte­n Strafraum fand sie keine Tiefe, weil André Schürrle als zentraler Stürmer nie die richtigen Wege lief. Viel zu spät wurde er durch Max Kruse ersetzt. Und der erlöste sein Team mit dem Treffer zum 2:1.

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FOTO: DPA Viel Mühe hatten die deutschen Fußballpro­fis in Leipzig mit ihren georgische­n Gegenspiel­ern. In dieser Szene versucht sich Thomas Müller, der per Foulelfmet­er das 1:0 erzielte, gegen Giorgi Navalovski zu behaupten.

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