Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zar Hamilton

Der Engländer feiert beim WM-Lauf in Sotschi seinen neunten Saisonsieg. Sein dritter Titelgewin­n in der Formel 1 ist nur noch eine Frage der Zeit. Teamkolleg­e und Rivale Rosberg fällt früh aus. Ferrari-Fahrer Vettel belegt Rang zwei.

- VON THOMAS WEITEKAMP

SOTSCHI (sid) Lewis Hamilton empfing Wangenküss­e des russischen Präsidente­n Wladimir Putin, setzte eine Kosakenmüt­ze auf und warf den Siegerpoka­l wieder und wieder in die Höhe. Der Titelverte­idiger feierte und scherzte nach seinem Sieg in Sotschi bereits wie der erneute Weltmeiste­r, Pechvogel Nico Rosberg sprach nach seinem bitteren Aus dagegen von einem „Seuchenjah­r“. Beide wussten, dass es die Vorentsche­idung im Kampf um den WM-Titel in der Formel 1 war. „Die letzten Runden habe ich einfach genossen, alles aufgesaugt“, sagte der Engländer: „Wer weiß, wie oft ich noch in dieser Situation sein werde.“Grund für weitere Euphorie gab

„In meiner ganzen Formel-1-Karriere

ist sowas nicht passiert“

Nico Rosberg fast zwei Stunden nach dem Zieleinlau­f der vorzeitige Sieg in der Konstrukte­urs-WM. Durch eine späte 30-Sekunden-Strafe für Kimi Räikkönen kann Ferrari die Silberpfei­le nicht mehr einholen.

Ein defektes Gaspedal bei Rosberg hatte dafür gesorgt, dass Hamilton schon in zwei Wochen in Austin (USA) ein Sieg zum Triumph in der Fahrerwert­ung reichen könnte. Der Deutsche hatte noch einmal beherzt angegriffe­n, doch der Technikteu­fel raubte Rosberg auch die letzte echte Chance auf seinen ersten Titel. „Unglaublic­h, dass so etwas in dem Moment kommen muss“, sagte der Vize-Champion: „In meiner ganzen Formel-1-Karriere ist sowas nicht passiert.“

Rosberg verlor seinen Platz als erster „Verfolger“Hamiltons. Diese Rolle hat nun Ferrari-Pilot Sebastian Vettel inne. Der Heppenheim­er landete auf Rang zwei und hat 66 Zähler Rückstand. Gewinnt Hamilton am 25. Oktober in Austin und kommt Vettel nicht über Rang drei hinaus, dann ist der WM-Titel vergeben. Darüber dachte Vettel indes kaum nach. Der Hesse war wie aufgedreht, posierte mit Hamilton für ein Selfie und verriet den anwesen- den Hostessen dessen Hotelzimme­r-Nummer. „Es war ein Klassetag, das Auto wurde a immer besser, ich habe mich einfach pudelwohl gefühlt“, sagte Vettel grinsend.

Während der launigen Pressekonf­erenz der ersten Drei, der mexikanisc­he Force-India-Pilot Sergio Perez komplettie­rte das Podest, war Rosberg derweil längst bereit für die Heimreise. Die streikende Technik bedeutete für ihn schier unfassbare­s Pech, nach einem hervorrage­nden Auftakt war das Rennen für ihn schon nach sieben Runden beendet gewesen. „Das Pedal war kaputt, es wurde echt gefährlich“, sagte der 30-Jährige: „Ich musste das Bein komplett anziehen, um überhaupt vom Gas zu kommen.“In Nico Hülkenberg fiel ein weiterer deutscher Pilot aus. Der Emmericher musste im Force India nach einem frühen Fahrfehler aufgeben.

Ein weiterer tragischer Held des Wochenende­s war Carlos Sainz jr. im Toro Rosso. Der 21-jährige Spanier hatte mit einem heftigen Unfall im freien Training am Samstag für einen Schockmome­nt gesorgt. Sein Bolide bohrte sich nach einem Abflug bei Tempo 300 derart tief unter die speziellen TecPro-Banden, dass für 20 Minuten jeglicher Kontakt abriss.

Anschließe­nd flog der Helikopter den Sohn von Rallye-Legende Carlos Sainz ins Krankenhau­s. Dort ver- langte dieser gleich nach einem Fernseher, um das Qualifying nicht zu verpassen. Nach einem eingehende­n Medizin-Check gaben die Ärzte am Sonntagmor­gen Grünes Licht für einen Start vom Ende des Feldes, der Neuling kämpfte sich bis in die Punkteräng­e – nur um kurz vor Schluss doch auszuschei­den. Rosberg legte diesmal einen hochkonzen­trierten Start hin und verteidigt­e seine Führung vor Hamilton. Auch danach machte der Deutsche alles richtig, doch wenig später sendete er die Hiobsbotsc­haft in die Box. Das Pedal blockierte. „Der Start ist perfekt gelungen, aber es lief eben nur drei Kurven lang, danach lief nix mehr“, sagte Rosberg.

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FOTO: AP Lewis Hamilton mit Kosakenmüt­ze bei der Siegerehru­ng in Sotschi.

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