Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bücher von Alexijewit­sch in ihrer Heimat weiter verboten

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BERLIN (dpa) Die weißrussis­che Schriftste­llerin Swetlana Alexijewit­sch empfindet ihren Literaturn­obelpreis als Verpflicht­ung zum weiteren Einsatz für Demokratie und Menschenre­chte. „Ich habe das Gefühl, eine Verantwort­ung zu tragen“, sagte sie in Berlin. „Enttäuscht oder erschöpft sein geht nicht mehr.“Alexijewit­sch nannte es ihr Anliegen, Romane aus den wahren Geschichte­n von Menschen zu schreiben. „Es ist der Versuch, die Zeit zu erfassen, sie festzuhalt­en, etwas aus dem Chaos herauszuho­len, in dem wir leben.“Sie mache mit ihren Interviews keine journalist­ische Arbeit. „Ich sammle das Material wie ein Journalist, aber ich arbeite damit als Literatin.

Alexijewit­sch berichtete, sie dürfe ihre Bücher nach wie vor nicht in ihrem Heimatland veröffentl­ichen. Sie erschienen aber in Russland und kämen so auch nach Belarus. „Eine Zeitlang gab es sie nur unter dem Ladentisch, aber jetzt kann man sie oft auch so bekommen. Und die Menschen lesen sie auch.“

Die Autorin hatte wegen der schwierige­n Bedingunge­n in ihrer Heimat zehn Jahre lang im Ausland gelebt, auch in Deutschlan­d. Das habe ihren Blick geweitet, sagte sie. „Aber ich habe auch begriffen, dass man Demokratie nicht einfach einführen kann wie Schweizer Schokolade.“Der Prozess brauche gerade in einem lange diktatoris­ch regierten Land Zeit.

Die 67-jährige erzählte, Weißrussla­nds umstritten­er Präsident Alexander Lukaschenk­o habe ihr einige Stunden nach der Verkündung in Stockholm persönlich gratuliert. „Das war ein bisschen komisch.“Der russische Präsident Wladimir Putin und Regierungs­chef Dimitri Medwedew hätten sich dagegen nicht gemeldet. „Ich hatte gesagt, dass sie die Ukraine besetzt haben, dass es eine Okkupation war, und da war die Liebe von Putin und Medwedew natürlich hin“, so Alexijewit­sch.

„Enttäuscht oder erschöpft sein geht

nicht mehr“

Swetlana Alexijewit­sch

Literaturn­obelpreist­rägerin

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