Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Dormagenern fehlt ein Spielgestalter
„Wir haben das Spiel einfach weggeworfen“, schimpfte Trainer Jörg Bohrmann nach der 25:30-Niederlage gegen den TV Emsdetten, mit der der TSV Bayer Dormagen auf einen Abstiegsplatz der Zweiten Handball-Bundesliga zurückfällt.
DORMAGEN Das Handball-Glück gegen den TV Emsdetten scheint aufgebraucht: Seit dem Wiederaufstieg in die Zweite Liga bekommt der TSV Bayer Dormagen gegen die Emsländer kein Bein auf die Erde. Das 25:30 (Halbzeit 15:16) vor 1251 Zuschauern bedeutete bereits die dritte deutliche Pleite im dritten Aufeinandertreffen.
Doch im Gegensatz zu den zwei voraufgegangenen war die Niederlage zwar gleichfalls verdient, aber im Grunde genommen überflüssig. Denn gegen einen schwachen Gegner zeigten die Dormagener ihre bislang schwächste Saisonleistung und stehen nach neun Spieltagen erstmals da, wo sie auf gar keinen Fall landen wollten: auf einem Abstiegsplatz. Und so, wie sie sich am Samstagabend über weite Strecken einer niveauarmen und zerfahrenen Partie präsentierten, stehen sie da nicht einmal zu Unrecht.
„Wir haben das Spiel einfach weggeworfen“, schimpfte Jörg Bohrmann hernach. Und damit meinte der Dormagener Trainer nicht nur jene 18 Paraden, die seine Angreifer Nils Babin mit vielen unplatzierten und teilweise unmotivierten Würfen gestatteten, bis der Emsdettener Torhüter nach 50 Spielminuten den Kopf verlor: Weil er sich von Jonathan Eisenkrätzer mit einem Nachwurf am selbigen getroffen fühlte, haute er den Dormagener außerhalb seines Schusskreises einfach um und sah dafür die Rote Karte. „Völlig zu Recht“, befand sein Trainer Daniel Kubes, „so darf er sich nicht gehen lassen.“Wie ergreifend harmlos die Hausherren jedoch an diesem Abend waren, zeigt die Tatsache, dass sie selbst aus dieser Schwächung der Emsdettener kein Kapital schlagen konnten – im Ge- genteil: Von 24:19 zogen die Gäste zwischenzeitlich bis auf 28:21 (55:) und 29:22 (57.) weg.
Was Bohrmann freilich noch mehr auf die Palme brachte als die Fehlwürfe (darunter auch wieder zwei vom Siebenmeterpunkt) waren die vielen Fehlpässe und technischen Fehler seiner Schützlinge in der Vorwärtsbewegung. Dass sich die Emsdettener diesem Niveau streckenweise anpassten, machte das Spiel natürlich nicht besser: Zwischen der 41. – 19:22 durch Sebastian Damm – und der 46. Minute – 19:23 durch Anton Runnarsson - fiel auf beiden Seiten überhaupt kein Tor. Bezeichnend, dass kurz zuvor die bis dahin enge Partie genau dann zugunsten der Gäste kipp- te, als die Dormagener erstmals seit der Anfangsphase wieder einen Gleichstand (18:18 durch Jo-Gerrit Genz, 36.) hergestellt hatten.
Bezeichnend deshalb, weil sie im Bestreben, daraus eine Führung zu machen, viel zu fahrig und unüberlegt zu Werke gingen. „Grundlose Hektik“, monierte Bohrmann und wirkte ein bisschen ratlos: „Auch mir ist es nicht gelungen, Ruhe in die Aktionen zu bringen.“Und das, obwohl er in der 44. und 49. Minute zwei Auszeiten ungewöhnlich früh und ungewöhnlich dicht hintereinander nahm.
Von der Bank aus ist das freilich auch nicht so einfach. Doch seit Dennis Marquardt wegen seiner Schulterbeschwerden nur noch sporadisch eingesetzt werden kann, fehlt dem Trainer ein verlängerter Arm auf dem Spielfeld, einer, der das Spiel lenken und lesen kann. Mikk Pinnonen fehlt immer noch die Bindung an seine Nebenleute, und Marijan Basic geht mit viel zu viel Hektik zu Werke, ist darüber hinaus viel zu sehr darauf bedacht, sich selbst in Schussposition zu bringen, als dass von den beiden nominellen Mittelmännern die nötigen Impulse ausgehen könnten.
Am Freitag, beim Gastspiel in Hagen hofft Bohrmann auf die Rückkehr von Maximilian Bettin. Doch auch der ist kein Regisseur im klassischen Sinne – einen, wie man ihn braucht, um aus den vier anstehenden „Vier-Punkte-Spielen“bis Ende des Monats wenigstens vier Punkte zu holen.