Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Schiris haben Respekt verdient“
Eine Ultra-Gruppe hat sich nach ihm benannt. Darüber ist er nicht begeistert.
DÜSSELDORF Sie nennen sich die „Brigade Hartmut Strampe“. Sie sind die ersten Ultras, die keinen Verein unterstützen – sondern Schiedsrichter. Das Motto der Vereinigung: „Unsere Qualität ist Neutralität.“Namensgeber Strampe (59), der zwischen 1991 und 2003 170 Spiele in der Ersten und Zweiten Liga leitete, arbeitet als Verwaltungsbeamter in Niedersachsen.
Herr Strampe, eine Ultra-Gruppe hat sich nach Ihnen benannt. Fühlen Sie sich geehrt?
STRAMPE Ehrlich gesagt kann ich Ihnen nicht viel dazu sagen. Ich habe keine Ahnung, was sich dahinter verbirgt. Bis zum Wochenende war ich im Urlaub. Meine Töchter haben mir davon erzählt. Jetzt behalte ich das natürlich ein wenig im Auge.
Ein paar junge Menschen wollen auf diese Weise Ihre Unterstützung für die Unparteiischen zum Ausdruck bringen. Sonst werden Schiedsrichter in der Regel beleidigt.
STRAMPE Ich bin zunächst immer ein misstrauischer Mensch. Geht es wirklich darum, Flagge für Schiedsrichter zu zeigen, oder haben da ein paar Leute eine Spielwiese gefunden, sich selbst in der Öffentlichkeit wichtig zu machen und so zu produ- zieren? Schiedsrichter haben Respekt verdient.
Der Sprechchor ,Schiri, wir wissen wo dein Auto stand, Schiri, dein Auto ist schon aufgetankt’ gehört zum musikalischen Repertoire der Gruppe. Hört sich doch respektvoll an.
STRAMPE Gegen den Fangesang ist tatsächlich nichts einzuwenden.
Sie haben 2003 Ihr letztes Fußballspiel als Unparteiischer in der Bundesliga gepfiffen. Gehen Sie heute noch regelmäßig ins Stadion?
STRAMPE Fast an jedem Wochenende. Ich arbeite nebenbei als Schiedsrichterbeobachter für den DFB.
Werden Sie noch oft erkannt?
STRAMPE Ein paar ältere Fans erinnern sich tatsächlich noch an mich.
Und in jedem Gespräch müssen Sie vom 7. April 2001 berichten?
STRAMPE Dieses Datum ist tatsächlich immer noch für viele ein wichtiges Thema.
An diesem Tag haben Sie zwei Rekorde aufgestellt bei der Partie zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München: Sie verteilten zehn Gelbe Karten an Spieler des FCB, insgesamt wurden 13 Spieler verwarnt. Wann haben Sie gemerkt, dass die Partie aus den Fugen geriet?
STRAMPE Es gab nicht den Moment. Ich hatte vor dem Anpfiff ein komisches Gefühl. Man kann das nur schwer erklären. Ich bin an die Spieler gar nicht mehr rangekommen, die haben sich nicht dafür interessiert, was ich gepfiffen habe.
Uli Hoeneß tobte über Ihre Leistung: „Der hat heute über 50 Fehler gemacht.“Sind Sie selbst auch auf diese Zahl gekommen?
STRAMPE Gravierende Fehlentscheidungen habe ich bis heute nicht gefunden.