Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Beratungsprotokolle bei Banken werden abgeschafft
Stattdessen soll es eine „Geeignetheitserklärung“darüber geben, ob die Beratung an Kundenbedürfnisse angepasst war.
BERLIN (dpa) Das erst vor wenigen Jahren eingeführte und umstrittene Beratungsprotokoll bei Geldanlagen soll wieder abgeschafft werden. Stattdessen sollen Anlageberater Privatkunden künftig eine „Geeignetheitserklärung“vorlegen, wie aus einem Referentenentwurf des Finanzministeriums hervorgeht. Die Erklärung über die „Geeignetheit“der Empfehlung vor Abschluss des Wertpapiergeschäfts soll „die erbrachte Beratung nennen sowie erläutern, wie sie auf die Präferenzen, Anlageziele und die sonstigen Merkmale des Kunden abgestimmt wurde.“Kunden erhalten die Erklärung dann auf einem Datenträger.
Die Protokolle waren 2010 eingeführt worden, vor allem in Folge der Lehman-Pleite. Verbraucher erhalten seither bei einer Anlageberatung zu Wertpapieren Produktinformationsblätter mit klaren Aussagen über Rendite, Risiko und Kosten. Das Protokoll soll vor Fehlberatungen schützen und die Position des Bankkunden stärken, indem er seine Anlageentscheidung auch auf die schriftliche Zusammenfassung des Beratungsgespräches stützen und vor Gericht beweisen kann, wie die Beratung erfolgte. Die Kreditwirtschaft kritisiert die Protokolle als bürokratisch, ohne dass Verbraucher davon größeren Nutzen hätten.
Die Abschaffung wird in dem Entwurf begründet mit den „nunmehr europaweit einheitlichen Aufzeichnungs- und Protokollierungspflichten“, die Protokolle überflüssig machten. Diese EU-Vorgaben (MiFid II) werden mit dem Finanzmarktnovellierungsgesetz in deutsches Recht umgesetzt. Laut Fi- nanzaufsicht Bafin hat die neue EURichtlinie den Gedanken des Beratungsprotokolls aufgegriffen. Der Inhalt dieser Erklärung entspreche im Wesentlichen den Inhalten des Beratungsprotokolls: „Teilweise geht er sogar darüber hinaus, insbesondere bei den Ausführungen zur Geeignetheit der Empfehlung.“
Der Sparkassenverband erklärte, „beim Beratungsprotokoll bekommt das Kind lediglich einen anderen Namen“. Erleichterungen seien nicht zu erkennen. Es sollten die Erfahrungen aus der Praxis berück- sichtigt werden, etwa in bestimmten Fällen auf ein Protokoll zu verzichten. Eine Studie im Auftrag des Bundesjustizministeriums hatte 2014 ergeben, dass die meisten Beratungsprotokolle Anlegern nichts bringen. Protokolle würden nicht oder nur unvollständig angefertigt, hieß es seinerzeit. Auch Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag 2013 vereinbart, die „Zweckmäßigkeit und die Verständlichkeit von Produktinformationsblättern und Beratungsprotokollen“im Finanzbereich regelmäßig zu überprüfen.