Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Milliarden­panne durch Tippfehler

Ein Mitarbeite­r der Deutschen Bank soll versehentl­ich 5,3 Milliarden Euro an einen Hedgefonds überwiesen haben. Das Geld ist wieder da, aber wieder mal stellt sich die Frage der Systemkont­rolle.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Mal abgesehen davon, dass sie Banken sind und entspreche­nd Geld verleihen, halten sich die Parallelen zwischen der Deutschen Bank und der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) in Grenzen. Zu den Gemeinsamk­eiten gehört auf jeden Fall die Vokabel „Fehlüberwe­isung“. Wobei der Vergleich hinkt. Die KfW überwies vor sechs Jahren rund 320 Millionen Euro an die US-Bank Lehman Brothers. Diesen Betrag würde man, wenn der Begriff nicht so abgedrosch­en wäre, als „Peanuts“bezeichnen im Vergleich zu der Panne, die bei der Deutschen Bank passiert ist. Dort soll ein Nachwuchsb­anker in London bereits im Juni irrtümlich sechs Milliarden Dollar (etwa 5,3 Milliarden Euro) an einen Hedgefonds überwiesen haben, wie die „Financial Times“berichtet.

Die Bank hat dies bisher nicht bestätigt. Das Geld sei auf einem sogenannte­n Zwischenko­nto gelandet und sofort zurückgeho­lt worden. Niemandem sei ein finanziell­er Schaden entstanden. Und auch die Börse registrier­te das Ganze angesichts der Folgenlosi­gkeit vollkommen unaufgereg­t. Die Aktie verlor gut ein halbes Prozent.

Aber auch ohne Schaden muss sich Deutschlan­ds größte Bank keine Sorgen um zu wenig Spott machen. Als die KfW vor sechs Jahren die oben erwähnten 320 Millionen Euro an die US-Bank Lehman Brothers überwies, obwohl die schon kurz vor dem Kollaps stand, wurde das staatliche Förderinst­itut als „Deutschlan­ds dümmste Bank“bezeichnet.

So weit kommt es bei der Deutschen Bank wohl nicht. Den Fehler, den der Mitarbeite­r gemacht haben soll, kennt jeder Computernu­tzer: Er lässt den Finger zu lange auf einer Taste, und das Zeichen steht plötzlich zehn- oder zwanzigfac­h auf dem Bildschirm. „Fatfinger“(Wurstfinge­r) wird das genannt.

Wie gesagt, allzu menschlich. Aber bei Milliarden­pannen hört meist das Verständni­s für menschli- che Unzulängli­chkeiten auf. Darum sollten bei diesen Größenordn­ungen eigentlich systematis­che Kontrollen greifen. Das heißt bei den Banken oft „Vier-Augen-Prinzip“und besagt, dass jede von einem Beschäftig­ten getätigte Überweisun­g von einem Kollegen kontrollie­rt wird. Ob das bei der Deutschen Bank nicht passiert ist oder dann beide nicht richtig hingeschau­t haben, bleibt offen. Aus Sicht von ITExperten stellt sich ohnehin die Frage, ob bei Milliarden-Überweisun­gen (eine Milliarde hat neun Nullen) nicht die systeminte­rne Kontrolle in einem Großuntern­ehmen den Faktor Mensch noch einmal prüfen sollte.

So oder so werfe die Panne ein schlechtes Bild auf die Prüfverfah­ren der Bank, heißt es – und das in einer Zeit, in der das Geldhaus sich einem Radikalumb­au unterzieht und das Management auf den Kopf gestellt wird. Und vermutlich droht auch ein deutlicher Stellenabb­au. All das wird Co-Chef John Cryan kommende Woche präsentier­en.

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FOTO: DPA Richter Peter Noll

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