Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Asylpoliti­k alarmiert Basis der Unionspart­eien

Im Gerangel um den Kurs der Flüchtling­spolitik geraten die Parteien zunehmend in schweres Fahrwasser – vor allem CDU und CSU.

- VON JAN DREBES

BERLIN Vor gut drei Jahren, im Sommer 2012, steckte die Union schon einmal in Schwierigk­eiten. CSUChef Horst Seehofer polterte auch damals gegen Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und ihre Politik – es ging um den Kurs der Bundesregi­erung in der Währungskr­ise und die Hilfe Deutschlan­ds für pleitebedr­ohte Euro-Länder. Die CSU versackte im Stimmungst­ief, Seehofer musste sich anhören, er gefährde das Erbe von Übervater Franz Josef Strauß. Und heute? Eine neue Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Emnid hat im Auftrag der „Bild am Sonntag“ermittelt, dass nur noch 36 Prozent der Bundesbürg­er Union wählen würden, wenn am nächsten Sonntag Bundestags­wahl wäre – zuletzt war das eben 2012 so.

Kein Wunder also, dass der Richtungss­treit in der Union noch einmal Fahrt aufnahm. Die Kanzlerin dringe mit ihrem „Wir schaffen das“bei Unionswähl­ern immer weniger durch, sagen die Meinungsfo­rscher. Und jetzt, so berichtet der „Spiegel“, habe auch Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble als Merkels bisher loyalster Unterstütz­er in der jüngsten Sitzung des CDU-Präsidiums darauf hingewiese­n, dass die Stimmung an der Basis „dramatisch“schlecht sei. Den von CDU-Generalsek­retär Peter Tauber geschilder­ten großen Rückhalt in der Partei für Merkels Politik sehe er nicht, schreibt das Nachrichte­nmagazin über Schäuble. Und damit nicht genug: Am Wo- chenende gab es auch noch Verwirrung, weil Schäuble einen Flüchtling­s-Soli nicht ausgeschlo­ssen hat. Ein Merkel-Sprecher musste klarstelle­n, dass es Steuererhö­hungen mit der Union nicht geben werde. Da wirkte es vergleichs­weise routiniert, dass Seehofer drohte: „Wenn die Asylpoliti­k nicht korrigiert wird, dann geht das an die Existenz von CDU und CSU.“Demonstrat­iven Rückhalt bekam Merkel unterdesse­n nur von Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) – und unerwartet von Grünen-Ikone Joschka Fischer. Der sagte: „Dass ich einmal Angela Merkel öffentlich verteidige­n würde, hätte ich auch nicht gedacht. Aber ich muss es tun.“Merkel verdiene für ihre Flüchtling­spolitik Respekt und Unterstütz­ung über die Parteigren­zen hinweg. Dass der ehemalige Vizekanzle­r und Außenminis­ter immer noch Gewicht hat bei den Grünen, ist unbestritt­en. Gibt er damit ein Signal für ein schwarz-grünes Bündnis 2017?

Zumindest können die Grünen in der Emnid-Umfrage als einzige Partei zulegen – um einen Punkt auf zehn Prozent. Die SPD verharrt weiter bei lediglich 26 Prozent der Wählerstim­men, die Linke bei zehn Prozent, die AfD schafft wohl mit Rückenwind durch die in Dresden agierende Pegida-Bewegung sieben Prozent, und die FDP käme mit fünf Prozent knapp ins Parlament. Und dass sowohl AfD und FDP mit im Rennen sind, erhöht den Druck auf die Basis der Union nur noch mehr.

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