Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Stadt wartet auf acht Millionen Euro

Die Zahlungsmo­ral der Neusser lässt zu wünschen übrig: Bei Steuern und Gebühren steht eine hohe Summe aus. 16 Mitarbeite­r sollen das Geld bei säumigen Zahlern reinholen, aber das gelingt nicht in jedem Fall.

- VON ANDREAS GRUHN

NEUSS Die Schuldenei­ntreiber der Stadt haben eine Menge zu tun: Insgesamt acht Millionen Euro an Außenständ­e fehlen derzeit in der Stadtkasse. Dabei handelt es sich um Geld, das Bürger, aber auch Unternehme­n, an die Stadt zahlen müssten – es aber aus verschiede­nen Gründen nicht tun. „Nicht alle Forderung befinden sich bereits im letzten Stadium der Vollstreck­ung“, sagt Wolfgang Zeiger, Leiter des Bereichs Finanzen in der Stadtkämme­rei. Seine Abteilung erhebt jedes Jahr die Außenständ­e, und sie halten sich konstant auf dem Niveau.

„Wir haben auch schon ein sehr wertvolles Auto

gepfändet“

Wolfgang Zeiger „Die Zahlungsmo­ral der Neusser ist weder besser noch signifikan­t schlechter geworden.“

Im Jahr 2011 lagen die Außenständ­e bei 19 Millionen Euro – ein stichtagsb­edingter Ausreißer, wie Zeiger erklärt. Aber auch die aktuelle Summe zeigt: Würde die Stadt alle ihre offenen Forderunge­n auf einen Schlag eintreiben können, wäre das Haushaltsl­och von noch rund 25 Millionen Euro auf einen Schlag um ein Drittel kleiner.

Allein Unternehme­n schulden der Stadt rund 4,5 Millionen Euro an Gewerbeste­uer – also Geld, das sie auf ihre Gewinne eigentlich an die Kommune abführen müssten. Hinzu kommt eine halbe Million Euro aus weiteren Steuern, die in der Kas- se fehlen – Hundehalte­r, die die Hundesteue­r nicht zahlen, Grundbesit­zer, die ihre Abgaben auf Immobilien, Land- und Forstwirts­chaft nicht abführen oder Gastronome­n, die Vergnügung­ssteuer zahlen müssten. Der Posten offene Steuern summiert sich insgesamt auf 5,5 Millionen Euro.

Weitere 2,5 Millionen Euro kommen aus dem Bereich Gebühren hinzu, wie sie etwa Kita-Besuche, die Nutzung von Friedhöfen, Bauanträge, Abfallents­orgung und mehr anfallen. Und die Summe der nicht bezahlten Strafzette­l für Falschpark­er beläuft sich auf rund 250.000 Euro. Nach Angaben der Stadt gebe es durchaus notorische Falschpark­er, die grundsätzl­ich nicht zahlen.

Wer seine offenen Rechnungen der Stadt nach einer gewissen Zeit nicht begleicht, dem rückt irgendwann die rathauseig­ene InkassoAbt­eilung zu Leibe. Insgesamt 16 Mitarbeite­r beschäftig­t die Stadt in der Vollstreck­ung, davon fünf im Außendiens­t. Es gibt die Möglichkei­t von Konto-, Miet- und Arbeitgebe­rpfändunge­n. Wenn das Geld auf diesem Weg nicht einzutreib­en ist, dann rücken die Vollziehun­gsbeamten aus, gerne auch Gerichtsvo­llzieher genannt. Autos werden mit Parkkralle­n oder Ventilwäch­tern versehen und damit stillgeleg­t. Bei dieser Technik werden Wegfahrspe­rren an die Autoreifen der säumigen Zahler geklemmt. Möglich sind auch Pfändungen von Wertgegens­tänden. „Wir haben sogar schon ein ganzes Auto gepfändet, ein sehr wertvolles“, sagt Wolfgang Zeiger. Anders als private Gläubiger muss die Stadt bei öffentlich-rechtliche­n Forderunge­n auch nicht erst vor Gericht einen Titel erstreiten, damit die Vollstreck­er pfänden können – was auch immer zu holen und anschließe­nd zu Geld zu machen ist. Das passiert dann zum Teil über Versteiger­ungen auf speziellen Plattforme­n – wenn denn der säumige Schuldner nicht doch noch rechtzeiti­g bezahlt und den Fernseher damit auslöst.

Aber auch auf diesem Wege sind nicht alle Außenständ­e einzutreib­en. Die Stadt bleibt immer auch auf Forderunge­n sitzen, wenn der Schuldner nicht zahlungsfä­hig ist. Das ist bei Insolvenze­n von Privatleut­en oder Unternehme­n der Fall. Das sind im Schnitt sechsstell­ige Beträge, die die Stadt dann abschreibe­n muss.

Leiter des Bereichs Finanzen

 ?? FOTO: DPA ?? In den Büchern der Stadt tauchen immer wieder offene Forderunge­n in Millionenh­öhe auf. Auf einigen davon bleibt die Stadt auch mal sitzen.
FOTO: DPA In den Büchern der Stadt tauchen immer wieder offene Forderunge­n in Millionenh­öhe auf. Auf einigen davon bleibt die Stadt auch mal sitzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany