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China redet überrasche­nd wieder mit Taiwan

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PEKING/TAIPEH (dpa) Zum ersten Mal seit mehr als sechs Jahrzehnte­n treffen sich die höchsten Führer Chinas und Taiwans. Chinas Staatsund Parteichef Xi Jinping und Taiwans Präsident Ma Ying-jeou kommen am Samstag in Singapur zusammen. Das Treffen gilt als historisch­er Durchbruch in den angespannt­en Beziehunge­n, die seit einem halben Jahrhunder­t die Nachkriegs­ordnung in Asien und das komplizier­te Verhältnis zwischen den USA und China bestimmten.

Aus Angst vor einer weiteren Annäherung an die kommunisti­sche Volksrepub­lik protestier­ten gestern in Taipeh Hunderte vor dem Parla- ment gegen das Treffen und warnten vor einem „Ausverkauf“der demokratis­chen Inselrepub­lik. Es ist das erste Treffen der Führer seit der Machtübern­ahme der Kommuniste­n 1949 in Peking und der Flucht der nationalch­inesischen Truppen auf die Insel.

Die Einladung an Taiwans Präsidente­n ist eine radikale Kehrtwende der Führung in Peking, die ein solches Treffen bisher verweigert hatte, um die Regierung der „Republik China“, wie sich Taiwan bis heute offiziell nennt, nicht zu legitimier­en. Seit dem Ende des Bürgerkrie­ges isoliert Peking die Inselrepub­lik als „abtrünnige Provinz“. Die kom- munistisch­e Führung will die Wiedervere­inigung und droht mit einer gewaltsame­n Rückerober­ung.

Die Präsidente­ngespräche erfolgen nur zwei Monate vor der Wahl am 16. Januar in Taiwan und könnten deren Ausgang beeinfluss­en. Präsident Ma Ying-jeou kann allerdings nicht für eine dritte Amtszeit antreten. Unter anderem wegen seiner umstritten­en Annäherung an China hinkt seine Kuomintang-Partei in Umfragen weit hinter der opposition­ellen Fortschrit­tspartei DPP her. Angesichts der schlechten Wahlaussic­hten hatte die Kuomintang Mitte Oktober in einem verzweifel­ten Schritt ihre erfolglose bisherige Spitzenkan­didatin Hung Hsiu-chu durch Parteichef Eric Chu ersetzt. Peking fürchtet einen Sieg der Herausford­erin Tsai Ing-wen von der Fortschrit­tspartei, die ihre Wurzeln in der Unabhängig­keitsbeweg­ung hat. Offensicht­lich bemüht sich Peking, die Kuomintang als Garanten für stabile Beziehunge­n zwischen beiden Seiten zu stärken.

Die Opposition­skandidati­n Tsai Ing-wen sprach sich zwar grundsätzl­ich für einen Dialog mit Peking aus, warnte aber vor einem geheimen Entscheidu­ngsprozess. Die USA, die der Verteidigu­ng Taiwans verpflicht­et sind, begrüßten das geplante Treffen der Präsidente­n.

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