Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Merkel fordert faire Verteilung der Flüchtlinge
Die Kanzlerin will ein neues europäisches Asylrecht. Das Dublin-Abkommen soll geändert werden.
DÜSSELDORF Kanzlerin Angela Merkel hat in Düsseldorf ihre Flüchtlingspolitik verteidigt. „Jeder Mensch muss würdig behandelt werden, egal ob er eine Bleibe-Perspektive hat oder nicht“, sagte sie vor über 250 Gästen im Industrieclub Düsseldorf. Eine würdige Behandlung gebiete Artikel 1 des Grundgesetzes, der nicht nur für Deutsche gelte. Sie forderte die Unternehmer auf, die Krise mehr als Chance denn als Risiko zu sehen und für Toleranz gegenüber Flüchtlingen zu werben.
Die Kanzlerin erklärte, sie halte eine Modernisierung des europäischen Asylrechts für unabdingbar. Bei einem so großen Andrang von Flüchtlingen funktioniere der Grenzschutz nicht mehr. Das Dubliner Abkommen, das vorschreibt, Flüchtlin- ge im ersten EU-Land, das sie betreten, zu registrieren und dort den Asylantrag zu bearbeiten, müsse geändert werden. Merkel forderte eine faire Verteilung der Flüchtlinge auf die Länder in Europa. Kein Land dürfe sich entziehen, zumal alle Länder vom EU-Binnenmarkt profitierten und davon, dass sie die Grenzsiche- rung an die EU-Außengrenzen verlagert hätten.
In Richtung der vielen Kritiker im eigenen Land sagte sie: „Schweden hat pro Einwohner mehr Flüchtlinge aufgenommen als wir, Österreich mindestens so viele.“Ganz zu schweigen vom Libanon, der fünf Millionen Einwohner und dennoch 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe.
Die Kanzlerin warnte vor Illusionen. Natürlich müsse es nun darum gehen, die Ursachen der Flucht besser zu bekämpfen und Schleppern das Handwerk zu legen. „Doch darf man auch nicht erwarten, dass keine Flüchtlinge mehr kommen.“
Joachim Scheele, Vorstandsvorsitzender des Industrieclubs, betonte gleich zweimal, wie bewundernswert und authentisch die Kanzlerin sei. Beim Festessen rahmten er und Industrie-Präsident Ulrich Grillo Merkel ein. Unter den Gästen auch: Henkel-Aufsichtsrats-Chefin Simone Bagel-Trah, ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger, Unternehmer Patrick Schwarz-Schütte, HenkelPatriarch Albrecht Woeste, Ex-Thyssen-Chef Dieter Vogel, Ex-VictoriaChef Edgar Jannott.