Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Jeder Zweite bekommt Weihnachts­geld

54 Prozent der Deutschen erhalten einer Studie zufolge die Sonderzahl­ung. Die Unterschie­de nach Regionen, Geschlecht und Tarif sind enorm. Ein Großteil wird sofort wieder ausgegeben – zum Beispiel für Geschenke oder Urlaub.

- VON LUDWIG KRAUSE

DÜSSELDORF Wer in den kommenden Tagen mehr Gehalt als sonst auf seinem Konto findet, kann sich glücklich schätzen: Dann gehört er zu der knappen Mehrheit der Deutschen, die Weihnachts­geld bekommt. Etwa 54 Prozent der Beschäftig­en in Deutschlan­d erhalten die Sonderzahl­ung am Ende des Jahres. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Umfrage, die vom WSI-

Reinhard Bispinck Tarifarchi­v der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Insgesamt 8800 Beschäftig­te haben sich an der Befragung beteiligt, die im Zeitraum von Juli 2014 bis September 2015 durchgefüh­rt wurde.

„Die Analyse zeigt, dass die Chancen, ein Weihnachts­geld zu erhalten, immer noch sehr ungleich verteilt sind“, sagt Reinhard Bispinck, Abteilungs­leiter des Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­chen Instituts (WSI). Trends, die sich bereits beim Gehalt abzeichnen, lassen sich auch bei den Sonderzahl­ungen ablesen. Besonders deutlich ist der Unterschie­d zwischen Ost- und Westdeutsc­hland. Während im Westen durchschni­ttlich 56 Prozent der Beschäftig­en ein Weihnachts­geld erhalten, sind es in Ostdeutsch­land nur 40 Prozent. Männer be-

Branche

Chemische Industrie

Energiever­sorgung

3144 Euro

3018 Euro

2946 Euro

50-100 Prozent kommen durchschni­ttlich mehr als Frauen. Während bei den weiblichen Angestellt­en exakt die Hälfte ein Weihnachts­geld bekommt, sind es bei den Männern immerhin 56 Prozent. „Das liegt unter anderem daran, dass Frauen deutlich häufiger in Teilzeit angestellt sind“, sagt Reinhard Bispinck. Das dürfte zwar eigentlich keinen Unterschie­d machen. „Die Arbeitgebe­r halten sich aber oft nicht daran.“

Im Vergleich zu den vergangene­n Jahren ist die Zahl derjenigen, die Weihnachts­geld beziehen, in etwa gleich geblieben. Zum Teil können sich die Beschäftig­ten in diesem Jahr aber über deutlich mehr Geld freuen, sagt Bispinck. Denn bei vielen Tarifberei­chen ist das Weihnachts­geld prozentual an den Lohn gekoppelt. Gibt es, etwa durch einen guten Tarifabsch­luss, mehr Geld, steigt auch das Weihnachts­geld.

Beschäftig­te mit einem unbefriste­ten Arbeitsver­trag bekommen zu 55 Prozent ein Weihnachts­geld, bei befristet Beschäftig­ten ist es weniger als die Hälfte: 45 Prozent. Beschäftig­te in Leiharbeit erhalten zu 49 Prozent ein Weihnachts­geld. Auch wer in einer Gewerkscha­ft organisier­t ist, kann sich durchschni­ttlich deutlich häufiger über Weihnachts­geld freuen. 66 Prozent der Gewerkscha­ftsmitglie­der erhalten Weihnachts­geld, bei Nichtmitgl­iedern sind es nur 51 Prozent.

Schätzunge­n des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge zahlt die Wirtschaft insgesamt 50 Milliarden Euro am Ende des Jahres für die Sonderzahl­ungen. Die Summe enthält al-

„Die Chancen auf ein Weihnachts­geld sind sehr ungleich verteilt“ Leiter des WSI-Tarifarchi­vs der Hans-Böckler-Stiftung

lerdings auch andere Zuwendunge­n wie zum Beispiel Gewinnbete­iligungen. Solche Zahlungen seien den Unternehme­n laut IW auch lieber. Sie seien variabler und stärker mit dem Unternehme­nserfolg verknüpft als das Weihnachts­geld.

Wofür aber wird der Geldsegen verwendet? Viele geben ihn zur Freude des Einzelhand­els gleich wieder aus, erklärt Tarifexper­te Bispinck: „Nach meiner Einschätzu­ng wird ein großer Teil in der Tat direkt für die Weihnachts­einkäufe verwendet, ist also für das Weihnachts­geschäft von erhebliche­r Bedeutung.“

Außerdem nutzten Beschäftig­te das Geld für ihre Alterssich­erung, Reisen oder größere Anschaffun­gen. So muss die deutsche Wirtschaft zwar Milliarden-Mehrausgab­en stemmen, doch zugleich kurbelt das Weihnachts­geld zum Jahresende kräftig den Konsum an.

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