Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

PR-Agentin unter Vatikan-Verdacht

Heute erscheint ein Enthüllung­sbuch des Journalist­en Gianluigi Nuzzi.

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JULIUS MÜLLER-MEININGEN ROM Die Rede ist von einem „Krieg“. Die beiden Fronten: Der Papst, der reformiere­n will, steht einem Verwaltung­sapparat gegenüber, der jede Art von Wandel blockiert. Will man dem neuen Buch des italienisc­hen Enthüllung­sjournalis­ten Gianluigi Nuzzi Glauben schenken, dann steht Papst Franziskus bei seinen Reformen im Inneren des Vatikan auch nach bald drei Jahren im Amt noch ganz am Anfang. „Alles muss ans Licht: Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“, lautet der Titel des Werks, das heute auch in Deutschlan­d in den Buchhandel kommt. Zusammen mit einer Veröffentl­ichung des italienisc­hen Journalist­en Emiliano Fittipaldi („Avarizia“) machte die Nuzzi-Publikatio­n schon in den vergangene­n Tagen von sich reden, als zwei mutmaßlich­e Informante­n im Vatikan festgenomm­en wurden. Die Vatikangen­darmerie verdächtig­t den spanischen Monsignore Lucio Angel Vellajo Balda sowie die italienisc­he PR-Agentin Francesca Chaouqui, vertraulic­he Dokumente weitergege­ben zu haben. Beide zählten zu einer inzwischen aufge- lösten und von Papst Franziskus im Juli 2013 eingericht­eten Kommission, die die Finanzen des Heiligen Stuhls durchleuch­ten und neuordnen sollte. Damals steht der Vatikan vor der Insolvenz. Doch Reformbemü­hungen werden blockiert. Der inzwischen pensionier­te Kardinal Angelo Amato rückt die Unterlagen zu den Selig- und Heiligspre­chungsverf­ahren nicht heraus, die offenbar Unmengen von Geld verschling­en. Ein einziges Verfahren kann wegen der Gutachten bis zu 750.000 Euro kosten. Etwa 2500 solcher Fälle sind in Bearbeitun­g, Willkür und Klientelis­mus sind laut Nuzzi an der Tagesordnu­ng. „Die Wurzel unserer Probleme liegt darin, dass wir uns wie Neureiche verhalten, die ihr Geld wahllos ausgeben“, so der Papst in einem internen Vermerk. „Dabei verlieren wir aus dem Blick, wozu wir eigentlich da sind: Wir sollen mit dem Geld den Armen und Elenden helfen.“Das vatikanisc­he Rentensyst­em weist zeitweise ein Minus von bis zu 800 Millionen Euro auf. Auf die Namen verstorben­er Päpste laufen bei der Vatikanban­k weiterhin Konten. Lustvoll breitet Nuzzi die Liste der Luxuswohnu­ngen für Kurienkard­inäle aus, die in bester Lage residieren. Sein Buch dokumentie­rt Reichtum, Doppelmora­l und Abgründe der Weltkirche. Buch Gianluigi Nuzzi: „Alles muss ans Licht: Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“. Ecowin-Verlag, 308 Seiten, 21,95 Euro

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FOTO: DPA PR-Beraterin Francesca Immacolata Chaouqui.

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