Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Forßmann setzt sich selbst einen Herzkatheter
Insgesamt 16-mal wurde der Nobelpreis für Physiologie und Medizin an deutsche Wissenschaftler vergeben. Auch 1956 erhielt ein deutscher Arzt die Auszeichnung, der in seiner Heimat stets umstritten war. Werner Forßmann (Foto) hatte als junger Arzt 1929 einen gefährlichen Selbstversuch gewagt: Er setzte sich selbst einen Herzkatheter. Der Mediziner wollte zeigen, dass die Einführung einer solchen Sonde durch einen Zugang im Arm ungefährlich war. Am 5. November 1929 veröffentlichte er seine Ergebnisse. Doch sein Vorgesetzter in der Berliner Charité war wenig angetan. Chefarzt Ferdinand Sauerbruch erklärte, „mit solchen Kunststücken habilitiert man sich in einem Zirkus“, und entließ Forßmann. Erst Jahre später sollte dessen Arbeit gewürdigt werden. Dazwischen stand eine wechselhafte Karriere. Forßmann wandte sich der Urologie und Chirurgie zu. Während des Zweiten Weltkriegs war er Mitglied der NSDAP und Sanitätsoffizier. Später musste er zunächst ein Entnazifizierungsverfahren durchmachen, bevor er wieder uneingeschränkt arbeiten durfte. Währenddessen erforschten zwei Kollegen aus Amerika aufbauend auf Forßmanns Experiment die Möglichkeiten des Herzkatheters. Als André Frédéric Cournand und Dickinson Woodruff Richards für ihre Forschung den Nobelpreis erhielten, teilten sie sich die Ehrung mit Forßmann, der nun, lange nach seinem Experiment, für seine Pionierleistung geehrt wurde.