Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hollywoods Wunderkind

Heute feiert der letzte Teil der Film-Saga „Die Tribute von Panem“seine Weltpremie­re in Berlin. Schauspiel­erin Jennifer Lawrence hat die Reihe zum Weltstar gemacht. Mit 25 blickt die Oscar-Preisträge­rin auf eine steile Karriere zurück.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

BERLIN Der Begriff Naturtalen­t trifft es wohl am ehesten. Ohne jemals den Fuß in eine Schauspiel­schule gesetzt zu haben, hat Jennifer Lawrence mit 25 bereits die höchsten Weihen ihres Berufs erhalten – diverse Preise, darunter mehrere Golden Globes und den Oscar als beste Hauptdarst­ellerin. Mehr Anerkennun­g geht nicht. Zudem ist sie die derzeit bestverdie­nende Akteurin in den USA, ihre Filme erreichen ein Millionenp­ublikum und spielen Milliarden ein. Mehr Erfolg geht ebenfalls nicht. Insofern müsste Lawrence das Schaulaufe­n auf dem Roten Teppich gestern Abend in Berlin zur Weltpremie­re des letzten Teils der „Tribute von Panem“-Reihe fast schwergefa­llen sein, scheint sie sich doch auf dem Gipfel ihrer Karriere zu befinden. Und mehr eben nicht zu gehen. Fehlanzeig­e. Lawrence, und das macht einen gehörigen Teil ihres Erfolges aus, ist der Typ, bei dem immer was geht.

Mit dieser Unbekümmer­theit hat sie es aus dem ländlichen Louisville in Kentucky bis nach Hollywood geschafft. Aufgewachs­en mit zwei Brüdern, Ben und Blaine, lernte sie sich schon früh durchzuset­zen. Ihr Vater leitete eine Baufirma, ihre Mutter ein Ferienlage­r, das gemeinsame Interesse für Sport schweißte die Familie zusammen. Die durch Reiten, Hockey, Basketball, Angeln und Jagen geschulte Physis kann Lawrence denn auch in die Rollen einbringen, die von ihr mehr Kör- perlichkei­t verlangen – die „Tribute von Panem“-Filme vor allem, in der sie eine jugendlich­e Kämpferin spielt, die mit ihrem fast übermensch­lichen Überlebens­instinkt ein totalitäre­s System stürzt. Lawrence ist die einzige echte Actionheld­in, die die Traumfabri­k derzeit zu bieten hat, aber sie ist eben noch viel mehr – und damit Hollywoods Wunderkind.

Denn „J-Law“, wie sie viele Fans als ironische Anspielung auf Jennifer Lopez („J-Lo“) nennen, be- herrscht nicht nur Krawall, sondern auch das nuancierte Spiel. Gleich für eine ihrer ersten Hauptrolle­n im Armuts-Drama „Winter’s Bone“wurde sie für den Oscar nominiert, so unwiderste­hlich hemdsärmel­ig agierte sie als 17-Jährige, die im öden Hinterland von Arkansas ihre Geschwiste­r durchbring­en muss. Ihr Parforce-Ritt brachte Lawrence breite Aufmerksam­keit und weitere Rollen – danach trat sie unter anderem als Mutantin Mystique in „XMen: Erste Entscheidu­ng“auf, als psychisch gestörte Witwe in „Silver Linings“und eben als Amazone Katniss in der „Tribute von Panem“Reihe. Für „Silver Linings“bekam sie den Oscar, nominiert wurde sie fast mit jeder Darbietung, zuletzt als überforder­te Hausfrau in „American Hustle“.

Wie sie das alles so überzeugen­d hinbekommt, weiß Lawrence selbst nicht so genau zu beantworte­n. Weil ihr mangels Schauspiel­schulbesuc­h das nötige Handwerksz­eug fehle, müsse sie sich jedes Mal in die Figuren und Situatione­n tatsächlic­h hineinfühl­en, um sie überzeugen­d rüberbring­en zu können, erzählt sie in Interviews. Das macht sie in Talkshows so sympathisc­h, dass man ihr die Geschichte des Mädchens vom Land, das in Hollywood reüssiert, gerne abkauft. Wohlwissen­d, dass hinter diesem Erfolg ein unbedingte­r Wille steht. So hatten die Eltern nie eine Filmkarrie­re für ihre Tochter angestrebt, ließen sich aber überzeugen und zogen mit nach Kalifornie­n. Einmal auf Kurs, lässt sich Lawrence nur schwer vom Ziel abbringen: Für das Vorspreche­n zu „Winter’s Bone“habe sie sich den Dialekt antrainier­t, erzählt die 25Jährige, und hätte ein „Nein“der Regisseuri­n nicht akzeptiert.

Der Sprung von dieser Low-Budget-Produktion zum Blockbuste­rkino der „Tribute von Panem“könnte größer nicht sein. Allein der erste Teil spielte weltweit eine Milliarde Dollar ein. Der vierte, „Mockingjay Teil zwei“, kommt am 19. November ins Kino. Im Abspann soll Lawrence wieder singen. Sie halte wenig von ihrem musikalisc­hen Talent, sagte sie gestern in Berlin. Mit ihrem Song „The Hanging Tree“aus dem vorigen Teil landete sie allerdings in den Charts. Wie gesagt: Naturtalen­t.

Wie sie das alles so überzeugen­d hinbekommt, weiß Lawrence selbst nicht zu beantworte­n

 ?? FOTO: AFP ?? Ganz in Rot: Jennifer Lawrence gestern Abend in Berlin bei der Weltpremie­re von „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil zwei“.
FOTO: AFP Ganz in Rot: Jennifer Lawrence gestern Abend in Berlin bei der Weltpremie­re von „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil zwei“.
 ??  ?? Josh Hutcherson spielt Peeta Mellark.
Josh Hutcherson spielt Peeta Mellark.
 ??  ?? Julianne Moore spielt die Revolution­sführerin.
Julianne Moore spielt die Revolution­sführerin.
 ?? FOTOS: REUTERS ?? Liam Hemsworth spielt Gale Hawthorne.
FOTOS: REUTERS Liam Hemsworth spielt Gale Hawthorne.
 ??  ?? Donald Sutherland spielt Präsident Snow.
Donald Sutherland spielt Präsident Snow.

Newspapers in German

Newspapers from Germany