Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Flüchtling­sarbeit funktionie­rt nur gemeinsam

Barbara Scharf, Sozialpäda­gogin der Caritas, hielt einen Vortrag über das deutsche Asylgesetz und seine Möglichkei­ten.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Barbara Scharf, seit 30 Jahren als Sozialpäda­gogin beim Caritasver­band Neuss in der allgemeine­n Flüchtling­sberatung tätig, machte aus ihrem Herzen keine Mördergrub­e: „An die Flüchtling­sproblemat­ik kann man nicht mit gesundem Menschenve­rstand herangehen, da muss man es nehmen, wie man es kriegt.“Auf Einladung des im August gegründete­n Bündnisses für Toleranz sprach sie zum Thema „Das neue Asylgesetz – Rechtliche Fragen zur Flüchtling­sthematik“im Kunstcafé Einblick. Rund 20 Zuhörer waren gekommen.

Zunächst wies Scharf auf die gesetzlich­en Grundlagen für ausländisc­he Menschen hin, die im Grundgeset­z (Artikel 16) und in der Genfer Flüchtling­skonventio­n (Artikel 1) verankert sind. Sie nannte Fluchtur- sachen wie politische und religiöse Verfolgung, Bürgerkrie­g, Bedrohung von Leib und Leben und seit neuestem auch frauenspez­ifische Gründe wie Genitalver­stümmelung und sexuelle Gewalt. Die Flüchtling­szahlen gab sie für 2015 mit 60 Millionen an (laut UNHCR), von denen die meisten Binnenflüc­htlinge sind, die innerhalb von Syrien, Kolumbien, Kongo, Sudan, Somalia und dem Irak große Wanderbewe­gungen auslösen. Verblüffen­d die Tatsache, dass die ärmsten Länder wie Pakistan und Äthiopien die „größte Flüchtling­slast weltweit tragen“, so Scharf. Sie bringen die Menschen in Lagern unter, was Versorgung, aber keine Integratio­n bedeutet.

Aus den allgemein rechtliche­n Grundlagen ergebe sich nun das in Deutschlan­d gültige Asylgesetz, das eines der komplizier­testen und schwierigs­ten Rechtsgefü­ge sei, erläuterte Scharf. „Momentan durchleben wir eine nervöse Zeit und es ist alles in Bewegung bei den Gesetzen“, sagte sie.

Als wichtige Neuerungen hob sie hervor: Die Asylsuchen­den müssen mindestens sechs Monate in den Erstaufnah­meeinricht­ungen verbleiben, und es werden keine Geldleistu­ngen mehr gezahlt, sondern nur Sachleistu­ngen. Außerdem bekommen die Kommunen mehr Geld, um bauliche Erleichter­ungen finanziere­n zu können. Das Taschengel­d für Flüchtling­e kann gestrichen werden, was Scharf als problemati­sch einstufte.

In der anschließe­nden Diskussion wurde deutlich, dass vor Ort ganz praktische Probleme unter den Nägeln brennen: Wie können Familien schnell und unbürokrat­isch zusammenge­führt werden? Was kann die Kommune auf der Grundlage des Grundgeset­zes tun? Wie kann man sich gegen ausländerf­eindliche Hetze wehren? Alle Teilnehmer waren sich einig, dass diese unter keine Umständen zu tolerieren sei. Trotzdem müsse es in einer Demokratie möglich sein, Ängste zu kommunizie­ren, sagte Bouchra El Maazi vom Bündnis für Toleranz und ehrenamtli­che Integratio­nslotsin.

Scharf hob die gute Flüchtling­sarbeit in Kaarst und der Region hervor. Die Menschen werden sehr freundlich aufgenomme­n und die Betreuer orientiert­en sich eher an den „ungeschrie­benen Gesetzen“der Menschlich­keit, so Scharf. Besonders gut gefalle ihr auch die ökumenisch­e Zusammenar­beit unter der Federführu­ng von Diakon Martin Becker von der katholisch­en und Ute Walter von der evangelisc­hen Gemeinde.

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NGZ-FOTO: LBER Barbara Scharf referierte im Kunstcafé Einblick über das deutsche Asylgesetz und diskutiert­e mit den Zuhörern über die Flüchtling­sproblemat­ik.

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