Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Straße frei für Radfahrer

Der Kölner Rat hat mit breiter Mehrheit stadtweit die Pflicht für Radfahrer aufgehoben, die Radwege zu nutzen. Die Ampel-Mehrheit in Düsseldorf plant das auch. Hintergrun­d: Auf der Straße ist es sicherer.

- VON DENISA RICHTERS

Viele Radfahrer wissen gar nicht, dass eine Radwegeben­utzungspfl­icht existiert. Sie schreibt vor, dass dort, wo ein Radweg durch ein blaues Schild gekennzeic­hnet ist, dieser auch benutzt werden muss. Andernfall­s kann eine Geldbuße fällig werden. Was vermutlich noch weniger Radfahrer wissen: Eigentlich darf es diese Pflicht gar nicht mehr geben. Ende 2010 hat nämlich das Bundesverw­altungsger­icht entschiede­n, dass diese Regelung nicht prinzipiel­l, sondern nur an Stellen mit besonderer Gefahrenla­ge gelten darf. Doch nur wenige Kommunen haben das bisher umgesetzt.

Der Kölner Stadtrat hat jetzt die stadtweite Aufhebung der Pflicht beschlosse­n, die Ampel-Kooperatio­n aus SPD, Grünen und FDP in Düsseldorf plant Ähnliches: Ein entspreche­nder Antrag der Grünen wird derzeit abgestimmt. Er sieht vor, die Radwegeben­utzungspfl­icht im Stadtgebie­t aufzuheben. Dann hätten Radfahrer die Wahlfreihe­it, ob sie auf der Straße oder zum Beispiel auf einem Radweg auf dem Bürgerstei­g fahren wollen. Argumentie­rt wird vor allem mit dem Aspekt der Sicherheit: Statistisc­h gesehen verunglück­e alle zwölf Stunden in Düsseldorf ein Radfahrer. Häufig sei die Unfallursa­che, dass Autofahrer Radler übersehen, etwa beim Rechtsabbi­egen oder im Bereich einer Ausfahrt. Wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen belegten, dass Radfahrer auf der Straße besser wahrgenomm­en werden und deshalb sicherer seien.

Das bestätigt Mathias Steinigk vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Düsseldorf. „Entscheide­nd ist die Sichtbezie­hung zwischen Auto- und Radfahrer.“Die sei auf der Straße am besten gewährleis­tet. Bei Radwegen auf dem Bürgerstei­g gebe es zwar ein subjektive­s Sicherheit­sgefühl, die Sicherheit sei aber besonders im Bereich von Kreuzungen nicht gegeben. Dort werden nach Steinigks Erfahrung, Radler im Fußgängerb­ereich von Autofahrer­n leichter übersehen. Die Aufhebung der Benutzungs­pflicht ist deshalb eine alte Forderung des ADFC. Dies auch deshalb, weil Radwege, die vor längerer Zeit angelegt wurden, meist gar nicht mehr heutigen Sicherheit­sstandards entspreche­n.

Die Wahlfreihe­it sieht Steinigk nicht als Vorteil. Denn nicht mehr benutzungs­pflichtige Radwege auf Bürgerstei­gen müssten zu Fußgängerf­lächen erklärt werden, auf denen Radfahrer in Schritttem­po geduldet wären. So ist die Regelung in der Mitte der Königsalle­e. Auf Drängen des ADFC war dort die Radwegbenu­tzungspfli­cht abgeschaff­t worden, weil es immer wieder Konflikte zwischen Radlern und Fußgängern gegeben hatte. Jetzt ist Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt, dennoch nutzen viele noch die alte Radtrasse in der Mitte des Boulevards – und nicht alle fahren dort in Schrittges­chwindigke­it.

Im Kreis der Ampel hält man die Aufhebung dennoch für richtig. „Wir brauchen gute Angebote für die Radfahrer“, sagt Grünen-Fraktionsc­hef Norbert Czerwinski, „dennoch müssen auch weiterhin Radwege gebaut werden.“Auch Martin Volkenrath (SPD), Vorsitzend­er des Verkehrsau­sschusses, begrüßt den Vorstoß: „Autofahrer müssen sich auch in Düsseldorf an Radfahrer gewöhnen.“Er will außerdem eine Art Grünen Pfeil für Radfahrer in den Antrag aufnehmen, der im Januar in den Fachaussch­uss kommt. Der Pfeil soll erlauben, dass Radfahrer bei roter Ampel rechts abbiegen.

Verkehrsde­zernent Stephan Keller, selbst Alltags-Radfahrer, steht den Plänen aufgeschlo­ssen gegenüber: „Wir dürfen Radfahrer nicht zu sehr bevormunde­n.“Deshalb werde man Einzelfäll­e prüfen und die Benutzungs­pflicht nur dort anordnen, wo sie aus Sicherheit­sgründen erforderli­ch sei.

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RP-FOTO: A. BRETZ Auf der Königsalle­e wurde die Benutzungs­pflicht für den Radweg in der Mitte des Boulevards aufgehoben. Radfahrer dürfen die Fahrbahn nutzen. Wer auf dem alten Radweg fährt, ist im Fußgängerb­ereich nur geduldet (siehe Schild).
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Zeichen 241: Radweg (rechts) und Gehweg sind getrennt. Jeder muss in seinem Bereich bleiben und hat auf der anderen Hälfte nichts zu suchen.
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Zeichen 237: Der Weg darf nur von Radfahrern genutzt werden. Fußgänger, Skater, fahrende und parkende Autos haben hier nichts zu suchen.
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Zeichen 240: Der Weg wird gemeinsam von Fußgängern und Radfahrern benutzt, eine Trennung gibt es nicht, Radler müssen Rücksicht nehmen.

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