Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erstmals wird Kirche im Rheinland zur Synagoge

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KÖLN (epd/dpa) Die Umnutzung von Kirchen ist in Deutschlan­d nichts Besonderes mehr: Kleiner werdende Gemeinden brauchen auch weniger Gotteshäus­er und sparen folglich am Gebäudebes­tand. Erstmals jedoch wurde gestern auf dem Gebiet der rheinische­n Kirche eine Kapelle entwidmet, um als jüdisches Gotteshaus zu dienen.

Die Kreuzkapel­le im Stadtteil Riehl steht damit für religiöse Toleranz – trotz einer Geschichte, zu der auch Schuld und unsägliche­s Leid gehören. Vor 600 Jahren wurden die Juden aus Köln verbannt. Ihre Synagoge wurde zu einer christlich­en Kapelle gemacht.

Für den Riehler Pfarrer Uwe Rescheleit ist es ein „Riesenglüc­ksfall“, dass die liberale jüdische Gemeinde mit dem programmat­ischen Namen „Gescher LaMassoret“(Brücke zur Tradition) die Kapelle gemeinsam mit ihrem Dachverban­d, der Union progressiv­er Juden in Deutschlan­d, übernehmen will. Die erst 1996 gegründete und heute rund 150 Mitglieder zählende Gemeinde richtete in den Räumen der Kreuzkapel­le bereits 2001 einen Synagogenr­aum ein und feiert dort seither ihre Gottesdien­ste – auf Einladung der evangelisc­hen Kirchengem­einde.

Dass die christlich­e und die jüdisch-liberale Gemeinde in Riehl seit 15 Jahren freundscha­ftlich verbunden sind, ist alles andere als selbstvers­tändlich. Erst Ende der 90er Jahre begann die Aufarbeitu­ng eines schwarzen Kapitels in der Geschichte, das sich in die jahrhunder­telange Unterdrück­ung und Verfolgung der Juden in Köln einreiht. Doch die evangelisc­he Kirche habe sich „aufgemacht, das Judentum völlig neu zu entdecken“, sagt Publizist Günther B. Ginzel, der Mitglied von „Gescher LaMassoret“ist.

Für den Präses der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, ist die neue Nutzung der Kirche ein wichtiger Schritt im Verhältnis von Christen und Juden: „Unser Platz ist an der Seite des Judentums“, betonte er im Gottesdien­st zur Entwidmung. Christen hätten nicht die Aufgabe, Juden zu missionier­en, sondern müssten ihnen zuhören und von ihnen lernen.

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FOTO: DPA Die bisherige Kreuzkapel­le befindet sich in einem ehemaligen Bürgerhaus inmitten einer Häuserzeil­e.

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