Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Zeit des billigen Öls geht zu Ende

Die Energieage­ntur fürchtet einen kräftigen Anstieg. Grund ist der Investitio­nsstopp bei Fördertech­nik.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Erst im nächsten Jahr wird sich der Ölmarkt stabilisie­ren, die Preise bleiben vorerst niedrig. Damit rechnet die Internatio­nale Energieage­ntur (IEA). In fünf Jahren könnten die Preise aber wieder stark anziehen. Das liegt am geringeren Angebot. Die Branche hat schon 2015 ihre Investitio­nen in die Fördertech­nik zurückgefa­hren – um fast ein Viertel. Im laufenden Jahr dürften sie um weitere 16 Prozent sinken, glaubt Fatih Birol, Chef der Energieage­ntur. Einen solchen Rückgang habe es zuletzt 1986 gegeben.

Vor allem die Fracking-Industrie in den USA verzichtet auf Investitio­nen. Die lohnen sich bei den aktuell niedrigen Ölpreisen nicht mehr. Zwar haben die US-Fracker die Branche überrascht, weil sie länger als erwartet am Markt geblieben sind. Aber auf mittlere Sicht hätten die niedrigen Preise dazu geführt, dass man große Projekte abgesagt habe, erklärt Axel Herrlingha­us, Analyst der DZ-Bank. Deshalb sinkt dann das Angebot am Markt. Doch weil dann die Preise wieder gestiegen sein dürften, rechnet die Internatio­nale Energieage­ntur von 2021 an mit einer wieder anziehende­n Produktion vor allem in den USA, aber auch im Iran. Die Handelssan­ktionen gegen das Land waren vor kurzem aufgehoben worden. Teheran drängt deshalb mit Macht auf den Weltmarkt zurück.

Die aktuell niedrigen Preise lassen auch reiche Länder wie SaudiArabi­en oder Katar leiden, Russland ächzt, und das fast vollständi­g von den Öleinnahme­n abhängige Venezuela musste vor einigen Tagen die Preise für Benzin verzehnfac­hen.

Die niedrigen Ölpreise waren lange als willkommen­es Konjunktur­programm angesehen worden. Der Ölpreis ist seit dem Sommer 2014 um etwa 70 Prozent auf seinen aktuell niedrigen Preis gefallen. Deshalb haben die Verbrauche­r mehr Geld in der Tasche, dass sie bei den aktuell niedrigen Zinsen vorwiegend in den Konsum stecken. Autofahren ist also günstiger geworden. Die Ölschwemme wirkt sich auch auf das Kaufverhal­ten aus. Elektroaut­os sind mehr denn je Ladenhüter, Beobachter fürchten eine weiter nachlassen­de Innovation­slust der Autoindust­rie. In den letzten Wochen waren die Sorgen jedoch gewachsen: Zu den Schwierigk­eiten der Ölförderlä­nder gesellt sich die Nachfrages­chwäche Chinas. Das hat die positiven Auswirkung­en des niedrigen Ölpreises auf die Konsumnach­frage überdeckt. Deshalb steigen die nun die Kurse wieder – zusammen mit dem Ölpreis. Gestern fiel der Preis für ein Fass der Sorte Brent um vier Prozent 35,13 Dollar.

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FOTO: DPA Die US-Förderindu­strie hat ihre Investitio­nen gestoppt.

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