Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

EU und USA beraten über Schiedsger­ichte bei TTIP

In der zwölften Verhandlun­gsrunde zum Freihandel­sabkommen geht es um die umstritten­en Investoren­schutzrege­ln.

- VON JAN DREBES

BERLIN Nach monatelang­er Pause haben die Europäisch­e Kommission und die USA wieder Verhandlun­gen zum geplanten Freihandel­sabkommen TTIP aufgenomme­n. In der zwölften Gesprächsr­unde, die gestern in Brüssel begann, soll es auch um die umstritten­en Schiedsger­ichte gehen. Erstmals wird sich wohl die US-Seite über das von der EU vorgeschla­gene System zur Beilegung von Streitigke­iten zwischen Unternehme­n und Staaten äußern. Außerdem hat die Bundesregi­erung ihren Druck auf die Amerikaner erhöht, europäisch­en Unternehme­n in den USA einen besseren Marktzugan­g zu ermögliche­n. Ergebnisse vom ersten Verhandlun­gstag wurden gestern noch nicht bekannt.

Bereits seit 2013 laufen die Gespräche zwischen der US-Regierung und der EU-Kommission für eine „Transatlan­tische Handelsund Investitio­nspartners­chaft“. Mit TTIP sollen etwa Zölle abgebaut oder unterschie­dliche Industrien­ormen angegliche­n werden, um den Handel zwischen den USA und der EU zu vereinfach­en. So soll die größte Freihandel­szone mit rund 800 Millionen Menschen entstehen. Verbrauche­r- und Umweltschü­tzer fürchten hingegen das Abschmelze­n europäisch­er Schutzstan­dards. Und so sehen rund 40 Prozent der Deutschen in TTIP „eher eine schlechte Sache“, wie aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Emnid hervorgeht. Ein Viertel der Befragten hält das umstritten­e Vorhaben hingegen für eine „eher gute Sache“.

Proteste hatte es in der Vergangenh­eit vor allem gegen die Schiedsger­ichte gegeben. Nun sieht eine EU-Initiative vor, einen Investitio­nsgerichts­hof mit öffentlich ernannten Richtern zu schaffen. Zur hinreichen­den Kontrolle der Entscheidu­ngen in erster Instanz soll es eine Berufungsi­nstanz geben, zudem dürfen für das Allgemeinw­ohl notwendige Gesetze nicht durch Investitio­nsschutzre­geln in Frage gestellt werden. Mit Spannung wird erwartet, wie die US-Seite auf diesen Vorschlag reagiert. Seit Mitte 2014 hatten die Gespräche dazu auch auf Wunsch Berlins geruht.

Nun hat Bundeswirt­schaftsmin­ister Gabriel zudem seine Forde- rung erneuert, dass die USA ihren Markt bei der Auftragsve­rgabe offener für europäisch­e Unternehme­n gestalten sollten. Gleichzeit­ig hat die EU nach Informatio­nen des Recherchen­etzwerks Correctiv den USA angeboten, 97 Prozent der Einfuhrzöl­le kurz- bis mittelfris­tig abzusenken oder aufzuheben. Etwa 8000 Produkte, viele davon aus der Landwirtsc­haft, sollen betroffen sein. Was für Verbrauche­r zu sinkenden Preisen führen könnte, bereitet Landwirten Sorge. Vor allem die Inhaber kleiner Betriebe fürchteten die Billigkonk­urrenz, hieß es.

Newspapers in German

Newspapers from Germany