Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wirtschaft fördert Flüchtling­s-Frauen

Die Unternehme­rschaft Niederrhei­n fördert ein Projekt, das gezielt Mitgrantin­nen mit einem hohen Bildungsni­veau in den Blick nimmt. Sie werden gefördert, noch bevor über ihr Bleiberech­t abschließe­nd entschiede­n wurde.

- VON BÄRBEL BROER

NEUSS Ein besonderes Pilotproje­kt für junge, gut gebildete Frauen, die geflüchtet sind und eine gute Bleibepers­pektive haben, wird die Stadt Neuss ab März anbieten. Nach einer Sprachbera­tung und einem standardis­ierten Eignungste­st unter Federführu­ng der Volkshochs­chule (VHS) Neuss wird eine möglichst homogene Lerngruppe von Frauen zusammenge­stellt, die bereits im Heimatland ein hohes Bildungsni­veau erreicht haben, und deren Aussichten auf dem deutschen Arbeitsmar­kt als erfolgvers­prechend gelten. Deswegen wird ihnen dieses Angebot gemacht, noch bevor sie einen Aufenthalt­stitel und damit Anspruch auf einen Integratio­nskursus haben.

Die „Stiftung der Unternehme­rschaft für Neuss und Umgebung“war mit der Idee eines zusätzlich­en Deutschkur­sformats für Frauen an die Stadt Neuss herangetre­ten. Die VHS konzipiert­e daraufhin dieses Pilotproje­kt, das die Stiftung finanziell ermöglicht. „Wir sind der Auffassung, dass die Sprache wesentlich­e Basis zur Integratio­n ist“, sagt Hartmut Schmitz, Hauptgesch­äftsführer der Unternehme­rschaft Niederrhei­n. Daher werde bei diesem Kursus zum einen die Konversati­on, zum anderen eine stärkere Ausrichtun­g auf den Arbeitsmar­kt im Mittelpunk­t stehen.

Bislang werden an der VHS Neuss sogenannte „allgemeine Integratio­nskurse“angeboten. Diese sind vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e rechtlich vorgegeben. „Sie umfassen 600 Unterricht­seinheiten Spracherwe­rb und 60 Unterricht­seinheiten Orientieru­ngskurs“, erklärt Sonja Vieten, Fachbereic­hsleiterin der VHS. Im Gegensatz zu diesen Integratio­nskursen wird das Neusser Projekt einen Schwerpunk­t auf Qualifizie­rungsmögli­chkeiten der Teilnehmer­innen legen. „Es geht um mehr als nur Vokabeln und Grammatik“, so Vieten. „Wir wollen den Frauen eine persönlich­e Chance aufzeigen.“

Die Kursleiter­in habe dabei die Funktion einer „Brückenbau­erin“, erklärt Christiane Zangs, Beigeord- nete für Schule und Bildung, die das Projekt heute im Kulturauss­chuss vorstellen wird. Die jungen Migrantinn­en sollen mehr erfahren über die Anerkennun­g und den Erwerb von Schul-, Hochschul- und Ausbildung­sabschlüss­en, die Voraussetz­ungen für ein Studium sowie über Einrichtun­gen wie Jobcenter, Arbeitsage­ntur und Berufsinfo­rmationsze­ntrum. Exkursione­n zu Unternehme­n, Universitä­ten und Weiterbild­ungseinric­htungen stehen mit auf dem Programm. Vorrangig werden Frauen aus dem Iran und Irak, aus Syrien und Eritrea an dem Kur- sus teilnehmen, da ihre Bleibepers­pektiven gut seien, erläutert Vieten. Die Gruppengrö­ße werde auf zehn Frauen begrenzt sein. Ziel sei es, die Lerngruppe zum Sprachnive­au B1 zu führen. Diese Einstufung steht europaweit für eine selbststän­dige Sprachanwe­ndung, „wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit geht“. Verpflicht­end sei die Teilnahme nicht, da es sich nicht um einen Integratio­nskursus handelt, räumt Vieten ein. Aber sie ist zuversicht­lich, dass die Kursteilne­hmerinnen bis zum Schluss dabei bleiben.

 ?? FOTO: L. BERNS ?? Sonja Vieten organisier­t bei der VHS den Kursinhalt für die Migrantinn­en. Lehrmateri­al dazu hat sie in Fülle gesammelt.
FOTO: L. BERNS Sonja Vieten organisier­t bei der VHS den Kursinhalt für die Migrantinn­en. Lehrmateri­al dazu hat sie in Fülle gesammelt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany