Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Seriendieb bringt Bekannte zu Unrecht vor Gericht

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Eigenständ­ig hat ein Gewohnheit­sdieb (27) seine aktuelle Haftstrafe gestern wohl noch mal um viele Monate verlängert. Derzeit sitzt der Mann wegen Seriendieb­stählen in Klinken und Hospiz-Einrichtun­gen, wo er teils auch sterbende Patienten ausgeplünd­ert hatte, eine Haftstrafe von viereinhal­b Jahren ab. Gestern brachte er zwei Bekannte (23 und 24 Jahre alt) mit besonders üblen Vorwürfen zwar ebenfalls auf die Anklageban­k beim Amtsgerich­t. Das Duo, so hatte er behauptet, habe zwei Häuser von Trauernden ausgeräumt, während deren Bewohner gerade auf Beerdigung­en waren. Doch gestern gab er zu, dass diese Vorwürfe frei erfunden sind. Beide Verdächtig­e wurden freigespro­chen. Dem angebliche­n Kronzeugen droht wegen falscher Anschuldig­ungen jetzt eine erhebliche Verlängeru­ng der Haftzeit.

Für eine 72-jährige Witwe machte es keinen Unterschie­d, ob ihr Haus Ende 2013 von diesen Beschuldig­ten oder von anderen Tätern ausgeraubt wurde. Sie beklagte, dass die Täter über ein aufgehebel­tes Fenster damals nicht nur Schmuck, Uhren und Bargeld für insgesamt 2000Euro weggeschle­ppt hatten, sondern auch alle Kondolenzs­chrei- ben zum Tod ihres Mannes, den sie zur Tatzeit gerade zu Grabe trug. So blieben der Witwe hinterher nicht mal die Adressen, um sich bei den Mittrauern­den für deren Beileidsbr­iefe zu bedanken. „Das war für mich der schlechtes­te Tag, den sich die Täter aussuchen konnten!“

Ähnlich schilderte ein Ingenieur (52) die Dreistigke­it der Einbrecher. Er fand es „besonders niederträc­htig“, gerade die schmerzhaf­te Situation von trauernden Menschen zum Einbruch zu nutzen. Denn just während der Beisetzung seines Vaters waren damals am selben Tag Werte für insgesamt 25.000 Euro aus seinem Haus verschwund­en. Obendrein hatten die Täter aber noch seinen Autoschlüs­sel samt Auto erbeutet und den Wagen (Wert: rund 8000 Euro) nach einer Verfolgung­sjagd mit der Polizei mit einem Totalschad­en zurückgela­ssen.

Die dafür angeklagte­n Männer machten dazu gestern keine Aussage. Nur der bereits inhaftiert­e 27Jährige hatte das Duo als Beerdigung­s-Einbrecher bezichtigt. Doch gestern nahm dieser „Kronzeuge“alles zurück. Er habe die Bekannten bloß unter Drogeneinf­luss als Täter bezeichnet. Das Duo kam daraufhin straffrei davon. Doch der 27-Jährige muss sich jetzt auf eine erheblich längere Haftzeit gefasst machen.

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