Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Land will Deutschkur­se im Gefängnis

Ein Drittel der 16.500 Häftlinge in Nordrhein-Westfalen sind Ausländer.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Die Zahl ausländisc­her Straftäter in den Untersuchu­ngsgefängn­issen und Haftanstal­ten von NRW ist so stark gestiegen, dass die Landesregi­erung nun für sie Deutschkur­se anbieten will. Dafür sollen 26 Lehrerinne­n und Lehrer eingestell­t werden. Dies erklärte gestern Landesjust­izminister Thomas Kutschaty (SPD).

Ziel sei insbesonde­re, dass die Straftäter zumindest so gut Deutsch können, dass sie Anweisunge­n des Justizpers­onals überhaupt verstehen können. Kutschaty sagte, dass die ausländisc­hen Inhaftiert­en gerade aus den Maghreb-Staaten (Marokko, Algerien, Tunesien) eine schwer zu kontrollie­rende Problemgru­ppe seien: Sie seien oft gewalttäti­g im Gefängnis, sie würden gegenüber weiblichen Mitarbeite­rn häufig „vollkommen respektlos“auftreten. Sogar Einzelhaft würde ihr Ver- halten nicht ändern. Kutschaty: „Das ist eine neue Situation für uns. Wenn diese Leute nun etwas Deutsch lernen, könnte dies helfen, ihnen unsere Regeln beizubring­en.“

Wenig von der Idee hält der CDUInnenpo­litiker Gregor Golland: „Anstatt viel Geld für Sprachlehr­er auszugeben, sollten wir ausländisc­he Straftäter schneller abschieben.“Außerdem sollten die Grünen in NRW nicht weiter blockieren, dass die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsl­änder eingestuft werden.

Kutschaty spricht sich zwar nicht gegen mehr Abschiebun­gen aus, sieht sie aber nicht als realistisc­h an: „Wir können nur abschieben, wenn das Zielland die Personen aufnimmt. Und da hat der Bund keine brauchbare­n Abkommen beispielsw­eise mit Marokko vereinbart.“

Wie ernst die Lage ist, zeigen diese Zahlen: Ein Drittel der 16.500 in Haft sitzenden Menschen in NRW sind Ausländer, fast sieben Prozent- punkte mehr als 2011. Bei den Untersuchu­ngsgefange­nen ist die Zahl der aus dem Ausland kommenden Verdächtig­en um 16 Prozentpun­kte auf 62 Prozent der 3023 Inhaftiert­en gestiegen. Die Zunahme der Zahl der Untersuchu­ngshäftlin­ge kann man aber auch positiv werten: Die Gerichte scheinen Beschuldig­te schneller in Haft zu nehmen, damit diese während des Wartens auf das Gerichtsve­rfahren nicht weitere Straftaten begehen.

Zusätzlich zu den Lehrern sollen in den Haftanstal­ten 45 neue „Integratio­nsbeauftra­gte“tätig werden. Sie sollen auch helfen, gegen den unverschäm­ten Umgang mit weiblichen Mitarbeite­rn vorzugehen.

Wichtig ist Kutschaty auch, dass islamistis­che Gruppen die Gefängniss­e nicht weiter nutzen, um Anhänger zu werben. Um sicher zu sein, wer in Haft sitzt, sollen künftig biometrisc­he Daten wie Fingerabdr­ücke genommen werden.

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