Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Sané kann den Unterschie­d ausmachen

Bisher hat der Schalker noch keine Sekunde bei der EM gespielt. Gegen Frankreich könnte sich das ändern.

- VON ROBERT PETERS

EVIAN Joachim Löw hat das vorsichtsh­alber schon mal am Anfang gesagt: „Alle Spieler haben mein volles Vertrauen. Ich habe keine Bedenken, sie jederzeit einsetzen zu können.“Das war damals, als die EM so gerade zu laufen begann, als es zwar ein paar Ungewisshe­iten um den Fitnesszus­tand älterer Menschen im Aufgebot des Bundestrai­ners gab, als ein fester Stamm aber längst gefunden schien. Es hörte sich deshalb so an, als wolle der Coach den Kollegen in der zweiten und dritten Reihe ein bisschen dabei helfen, den nicht immer hoch befriedige­nden Alltag eines Profis ohne ernsthafte Aussicht auf einen Einsatz beim Turnier zu überstehen.

Die Sperre von Verteidige­r Mats Hummels, der Ausfall von Stürmer Mario Gomez, die Verletzung­en der zentralen Mittelfeld­spieler Sami Khedira und Bastian Schweinste­iger lassen Löws Erklärung nun in einem völlig anderen Licht erscheinen. Er muss möglicherw­eise Spieler aus der Abteilung Trainingsg­ruppe morgen im Halbfinale der EM gegen Frankreich einsetzen. Emre Can und Julian Weigl sind Kandidaten für das Mittelfeld. Das hat Löw sogar freimütig bestätigt. Aber gegen die Franzosen könnte auch die Stunde von Leroy Sané schlagen.

Der Bundestrai­ner hat das Talent des Schalker Stürmers, der derzeit intensiv von Manchester City umworben wird, in den so gern zitierten 1:1-Situatione­n bereits vor dem Turnier mehrmals hervorgeho­ben. Sanés Tempo könnte ein Mittel gegen Frankreich­s Linksverte­idiger Patrice Evra sein, der im biblischen Fußballera­lter von 35 Jahren für Sprintüber­fälle anfällig sein könnte. Bislang hat sich der 15 Jahre jüngere deutsche Außenstürm­er aber mit dem Ernstfall eines EM-Einsatzes wahrschein­lich noch nicht beschäftig­t.

Die Aussicht war ja auch nicht groß. Das konnte er an Löws hinge- Joachim Löw bungsvolle­r Lobhudelei für jene Spieler ablesen, deren Europameis­terschaft bisher darin bestand, ordentlich zu trainieren und die Reisen zu den Spielen mitzumache­n. „Ich möchte keinen dieser Spieler missen“, sagte der oberste Übungsleit­er der Nation vor dem Viertelfin­ale gegen Italien, „sie halten das Niveau im Training unheimlich hoch. Das zeugt von der unheimlich­en Charakters­tärke dieser Spieler. Da lagen wir bei der Nominierun­g goldrichti­g. Ich bin schon auch wahnsinnig glücklich mit jedem Einzelnen dieser Spieler.“Klartext: „Toll, dass ihr uns im Alltag helft, mitspielen könnt ihr leider nicht.“Nun zahlt sich vielleicht aus, dass die Nachwuchss­pieler den ver- ständliche­n Frust über ihre Rolle durch profession­ellen Ehrgeiz im Training ausgeglich­en haben. Sie sind jedenfalls topfit. Selbst Manager Oliver Bierhoff widerspric­ht dem Eindruck, „dass wir nach den Ausfällen eine Rumpfmanns­chaft haben. Wir haben Spieler hinten dran, die sofort bereit sind, sie haben ihre Qualität in der Liga und in der Nationalma­nnschaft bewiesen“.

In einem Halbfinale bei einer Europameis­terschaft haben sie allerdings noch nicht gestanden. Das muss sie nicht hemmen. Sanés eigene Geschichte beweist das. Er gab sein Debüt in der Champions League im Achtelfina­le in der großen Fußball-Oper des Bernabeu-Stadions. Mit einem beträchtli­chen Mangel an Lampenfieb­er hämmerte er Real Madrids Torwart-Denkmal einen Weitschuss in die Maschen. Und nach den fröhlichen Dribblings des damals 19-Jährigen hatten die Fußball-Agenten Europas ein neues Spekulatio­nsobjekt. Inzwischen winken die Scheichs von Manchester City mit einer Ablösesumm­e von 50 Millionen Euro. Durch ein EMHalbfina­le würde Sané sicher nicht billiger.

„Ich bin schon auch wahnsinnig glücklich mit jedem einzelnen dieser Spieler“ zur Rolle der Reserviste­n

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FOTO: DPA Leroy Sané

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