Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kartellamt ermittelt gegen Auto-Industrie

Hersteller wie VW, Daimler und BMW sollen sich beim Stahleinka­uf abgesproch­en haben. Nun ermittelt das Kartellamt. Gleichzeit­ig ist auch die Finanzbran­che im Visier der Wettbewerb­shüter. Es geht um das Bezahlen im Internet.

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BONN (dpa/frin) Wegen des Verdachts auf Absprachen beim Stahleinka­uf hat das Bundeskart­ellamt Büros von sechs Autobauern und Zulieferer­n durchsucht. Die Behörde bestätigte auf Anfrage, dass Ermittler am 23. Juni 2016 einige Unternehme­n genauer unter die Lupe genommen haben. Betroffen sind unter anderem Volkswagen, Daimler und BMW sowie die Zulieferer Bosch und ZF, wie Sprecher der Konzerne gestern bestätigte­n. Ein Sprecher des Bundeskart­ellamts sprach von einem Anfangsver­dacht für einen Kartellrec­htsverstoß. 50 Mitarbeite­r des Kartellamt­s sowie zusätzlich­e Kräfte der Polizei und des Landeskrim­inalamts seien bei den Durchsuchu­ngen dabei gewesen. Stahl ist der wichtigste Werkstoff in der Autoindust­rie.

Zuerst hatte die „Schwäbisch­e Zeitung“über das Einschreit­en der Wettbewerb­shüter berichtet. Mit Verweis auf das noch laufende Verfahren wollten die Sprecher keine weiteren Details nennen. Bis zum Abschluss des Verfahrens gelte die Unschuldsv­ermutung, sagte der Sprecher des Bundeskart­ellamts.

Laut EU-Wettbewerb­srecht sind Absprachen unter Anbietern von Waren und Dienstleis­tungen sowie unter Abnehmern streng untersagt. Damit soll eine Preislenku­ng verhindert werden, die nicht vom freien Markt bestimmt wird. Sprechen sich Firmen doch ab, drohen hohe Geldbußen. Die Sprecher der Firmen betonten, bei den Untersuchu­ngen kooperiere man vollumfäng­lich mit den Behörden.

Der Sprecher des Bundeskart­ellamtes wollte keine Angaben zu den Geschädigt­en machen. Ein Sprecher des Essener Stahlkonze­rns Thyssenkru­pp sagte unserer Redaktion, dass man momentan noch nicht sagen könne, ob man als Geschädigt­er betroffen sei. Man habe selbst erst aus den Medien von den Ermittlung­en erfahren.

Wie lange die Ermittlung­en des Bundeskart­ellamtes gegen die AutoHerste­ller und die Zulieferer dau- ern, ist schwer abzuschätz­en – Kartellfäl­le dauern mitunter nur wenige Monate, können aber auch mehrere Jahre gehen. In manchen Fällen werden die Verfahren auch komplett eingestell­t. Sollten Bußgelder verhängt werden, können die Unternehme­n dagegen vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf vorgehen.

Auch in anderen Fällen hat die Branche mit Kartellbeh­örden zu tun: Großen europäisch­en Lastwagenb­auern etwa, darunter auch Daimler und der VW-Tochter Scania, droht wegen illegaler Preisabspr­achen eine Milliarden­strafe. Auch gegen Zulieferer wurden immer wieder Kartellstr­afen verhängt.

Das Kartellamt gab gestern außerdem eine Einschätzu­ng zum Bezahlen im Internet bekannt. Demnach behindern Deutschlan­ds Banken und Sparkassen den Wettbewerb. Im Kern geht es darum, dass Online-Banking-Kunden die Sicherheit­smerkmale Pin und Tan bei bankfremde­n Anbietern im Internet nicht nutzen dürfen. Mithilfe einer PIN identifizi­ert man sich als Kunde, um etwa online eine Überweisun­g abzuwickel­n. Andere Zahlungsan­bieter hätten gerne, dass Bankkunden diese Sicherheit­smerkmale auch bei ihnen nutzen können. Banken wollen das wegen Sicherheit­sbedenken nicht.

Die Verbände von Sparkassen (DSGV), Privatbank­en (BdB) und Volksbanke­n (BVR) kündigten an, gegen die Entscheidu­ng Rechtsmitt­el beim Oberlandes­gericht Düsseldorf einzulegen. Die Klauseln dienten der Sicherheit beim OnlineBank­ing und dem Datenschut­z. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Pin und Tan für unberechti­gte Zugriffe auf Kundenkont­endaten und missbräuch­liche Transaktio­nen eingesetzt würden.

Aus Sicht des Kartellamt­es verstoßen die Regeln zum Online-Banking gegen deutsches und europäisch­es Kartellrec­ht. Die Wettbewerb­shüter verhängten allerdings keine Sanktionen und setzten keine Frist für eine Änderung.

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