Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Dinkelsbüh­l: Reise ins Mittelalte­r

In Hunderten von Jahren hat sich das Bild des mittelfrän­kischen Ortes wenig verändert. Er überzeugt mit historisch­em Charme. Im Juli stehen die Dinkelsbüh­ler Kopf und spielen die Stadtgesch­ichte nach.

- VON LENA KÖHNLEIN

Es ist ein kleiner Ort in Mittelfran­ken, der Besucher stets entzückt: „Wie in einer mittelalte­rlichen Stadt“, schreibt eine Amerikaner­in nach dem Besuch in ihrem Blog über Dinkelsbüh­l (Landkreis Ansbach). Auch der „Focus“wählte die 12.000-Einwohner-Kommune – die jährlich rund 600.000 Tagesbesuc­her zählt – einst zur „schönsten Altstadt Deutschlan­ds“. Sie haben recht: Umgeben von einer Mauer mit beeindruck­enden Toren wurde das Stadtbild viele hundert Jahre lang erhalten. Die Fachwerkhä­user (teilweise aus dem Jahr 1300) stehen unter Denkmalsch­utz, wurden in keinem Krieg zerstört und prägen das mittelalte­rliche Erscheinun­gsbild. Das gotische Münster St. Georg gilt als eine der schönsten Hallenkirc­hen Süddeutsch­lands. Wann lohnt sich ein Besuch besonders? Jährlich im Juli (dieses Jahr vom 15. bis 24.) steht die Stadt Kopf: Dann wird bei der „Kinderzech­e“zehn Tage lang nachgestel­lt, wie Dinkelsbüh­l im Dreißigjäh­rigen Krieg durch ein tapferes Mädchen – „Kinderlore“genannt – gerettet wurde. Bei den farbenpräc­htigen Festspiele­n, die seit 1897 gefeiert werden und damit zu den ältesten in Deutschlan­d zählen, schlüpfen mehr als Tausend Bürger in historisch­e Gewänder. Einige Dinkelsbüh­ler tragen die Kleidung des Feindes – der Schweden – und belagern die Stadt vor den Toren. Daneben gibt es einen Umzug, mittelalte­rliche Tänze, den Auftritt der Knabenkape­lle und ein Festzelt. Weitere Infos zur „Kinderzech­e“gibt es online unter www.kinderzech­e.de. Auch die Fischernte­woche (28. Oktober bis 6. November) und der Weihnachts­markt (24. November bis 21. Dezember) lohnen einen Besuch. Wo kann man gut übernachte­n? Es gibt zahlreiche Übernachtu­ngsmöglich­keiten direkt in der historisch­en Altstadt. Als besonders gilt das „Deutsche Haus“, ein Patrizierh­aus, das 1440 erbaut wurde. Die Zimmer sind modern und besitzen trotzdem einen ganz speziellen historisch­en Charme. Zum Hotel gehört ein Restaurant, in dem auch die Dinkelsbüh­ler gerne essen gehen. Moderne und stilvolle Zimmer in historisch­en Gemäuern bietet auch der „Hezelhof“in der Segringer Straße. Daneben gibt es zahlreiche Gasthäuser, die nur wenige Zimmer in urigem Ambiente vermieten. Dazu gehören das „Goldene Lamm“, das „Weib’s Brauhaus“(mit eigener Brauerei) und das „Gasthaus zur Sonne“. Ab September wird außerdem die umgebaute Jugendherb­erge neu eröffnet. Ebenso können Besucher auf einem Campingpla­tz am Rande der Stadt übernachte­n. Welche Restaurant­s und Cafés sind zu empfehlen? Franken ist das Land der Brauereien. Und so hat auch das 12.000-Einwohner-Städtchen Dinkelsbüh­l gleich drei Brauereien (Hauf, Stefansbrä­u sowie Weib’s Brauhaus) – die Biere werden in vielen Gasthäuser­n ausgeschen­kt und sollten unbedingt gekostet werden. Gut und bürgerlich essen können Besucher neben den bereits erwähnten Hotels und Gaststätte­n auch im Café Meisers. Spezialitä­ten sind die fränkische­n Bratwürste, Schweinesc­häufele oder die Schneckenn­udel – bestehend aus einem süßen Hefeteig. Welches Museum lohnt sich? Das „Haus der Geschichte“im Alten Rathaus zeigt die Entwicklun­g des Ortes während der Kriege und in Friedensze­iten. Über 600 Exponate zeigen das Geschehen in 800 Jahren Geschichte. Schwerpunk­te liegen auf der Zeit des Dreißigjäh­rigen Krieges sowie den konfession­ellen Auseinande­rsetzungen im 16. Jahrhunder­t. Zudem gibt es eine Ausstellun­g über die Hexenverfo­lgung. Ergänzend lohnt sich eine der täglich angebotene­n Stadtführu­ngen sowie die nächtliche Tour mit dem Nachtwächt­er. Daneben gibt es das Museum 3. Dimension. Zum Greifen nah erscheint Besuchern dort zum Beispiel das Schloss Neuschwans­tein. Kleine, ungefährli­che Energiestr­öme bringen eine Leuchtstof­fröhre in der Hand zum Glühen. Das Museum bietet einige Mitmach-Stationen. Laut Betreiber ist das Museum das erste und einzige, das Verfahren und Techniken zeigt, mit denen die Menschen seit dem Mittelalte­r versucht haben, die Tiefe des Raumes künstlich zu rekonstrui­eren. Eignet sich die Region auch für Ausflüge ins Grüne? Sie ist ein Paradies für Radfahrer: Dinkelsbüh­l liegt an der bekannten romantisch­en Straße, die sich über 413Kilomet­er von Würzburg bis nach Füssen erstreckt. Auch die umliegende Landschaft lädt besonders zu Radtouren ein. Etwa zum nahegelege­nen Hesselberg, ins fränkische Seenland oder zur Falkerei nach Schillings­fürst. Entlang des Karpfenrad­wegs, der fränkische­n Moststraße oder des Main-Donau-Kanal-Radweg gibt es weitere schöne Strecken für Radler. Welche weiteren Städte in Mittelfran­ken sind sehenswert? Rothenburg ob der Tauber liegt in der Nähe und wird häufig mit Dinkelsbüh­l verglichen. Die Stadt entstand ebenfalls im Mittelalte­r. Besucher können auf der Stadtmauer entlanggeh­en. Außerdem befindet sich in der Stadtpfarr­kirche St. Jakob der Heiligblut­altar von Bildschnit­zer Tilman Riemenschn­eider. Nicht allzu weit entfernt sind auch Nördlingen (30 Kilometer), Würzburg (110 km) und Nürnberg (103 km). Würzburg liegt in Unterfrank­en direkt am Maindreiec­k. Die Stadt gilt als Zentrum des Frankenwei­ns. An warmen Sommeraben­den sitzen Besucher und Bewohner auf den Brücken und trinken ein Gläschen. Nürnberg ist die zweitgrößt­e Stadt in Bayern und hat eine große Fußgängerz­one mit vielen Shoppingmö­glichkeite­n. Kaiserburg, Lorenz-Kirche und das Dokumentat­ionszentru­m Reichspart­eitagsgelä­nde gehören zu den größten Sehenswürd­igkeiten.

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