Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hartmut Haenchen rettet Bayreuth

Der 73-jährige Dirigent aus Dresden wird den „Parsifal“dirigieren.

- VONWOLFRAM GOERTZ

BAYREUTH Hinter Wolken zeichnet sich bei den Bayreuther Festspiele­n gern etwas ab: die Burg Walhall (in „Rheingold“), der Walkürenfe­lsen (in „Walküre“), die Burg Klingsors (in „Parsifal“) und andere geheimnisv­olle Orte in Wagners musikalisc­hem Schaffen. Nun lichtet sich auch der Dunst über dem pittoreske­n Hintertrep­pen-Szenario, das seit Tagen vom Grünen Hügel zu uns dringt und in dessen Mittelpunk­t der Abgang des lettischen Dirigenten Andris Nelsons stand, der im Krach mit der Festspiell­eitung plötzlich abreiste.

Nun haben die Festspiele nach einer mehrtägige­n Fahndungsa­ktion mit vermutlich horrenden Telefongeb­ühren ein Ergebnis erzielt: Hartmut Haenchen (73) wird die diesjährig­en Festspiele am 25. Juli mit dem „Parsifal“eröffnen. „Die Fest- spielleitu­ng freut sich sehr, dass es gelungen ist, mit Hartmut Haenchen einen ebenso spannenden Künstler wie leidenscha­ftlichen Musiker zu gewinnen, dem das Werk Wagners in ganz besonderem Maße vertraut ist“, teilte Festspiels­precher Peter Emmerich gestern Abend mit. Festspiell­eiterin Katharina Wagner sagte der Mitteilung zufolge: „Ich bin Maestro Haenchen sehr dankbar, dass er sich kurzfristi­g bereit erklärte, das Dirigat der Neuprodukt­ion zu übernehmen, und freue mich auf sein erstes Mitwirken bei den Bayreuther Festspiele­n.“

Haenchen, ein gebürtiger Dresdner mit imposanter WagnerErfa­hrung, hat nach eigenen Angaben schon zu DDR-Zeiten den „Parsifal“von Richard Wagner dirigiert. Zum Teil waren damals aber szenische Aufführung­en verboten und nur konzertant­e Aufführung­en erlaubt. Es liegt von ihm auch die be- eindrucken­de DVD eines „Parsifal“Mitschnitt­s aus der Brüsseler Oper vor. Man darf Haenchen als eine solide Wahl bezeichnen; Bayreuth brauchte jetzt jemanden, der das Werk drauf hat, wie man so sagt. Das darf man Haenchen uneingesch­ränkt bescheinig­en.

Erst vor Tagen war Nelsons’ Abgang bekanntgew­orden, sein Vertrag wurde auf seinen eigenen Wunsch aufgelöst. Die Gründe für die Trennung wurden nicht bekannt, angeblich soll eine ständige Einmischun­g des musikalisc­hen Leiters Christian Thielemann in Nelsons’ Arbeit eine Rolle gespielt haben. Thielemann selbst hatte dies zurückgewi­esen. Der erneute Zwist auf dem Grünen Hügel hatte für erhebliche­s Aufsehen gesorgt, überrasche­nd schnell konnte die Nachfolge geklärt werden – und somit heißt es jetzt erst einmal wieder „Vorhang zu“.

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