Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

SPD will Spitzenste­uersatz anheben

Union und SPD verspreche­n der Mittelschi­cht spürbare Steuerentl­astungen nach der Wahl 2017. Doch die Sozialdemo­kraten wollen hohe Einkommen zur Gegenfinan­zierung heranziehe­n, die Union nicht.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Ein Jahr vor der nächsten Bundestags­wahl zeichnet sich zwischen Union und SPD ein wichtiger Unterschie­d in der Steuerpoli­tik ab: Beide Volksparte­ien wollen untere und mittlere Einkommen in der kommenden Legislatur­periode steuerlich entlasten, doch anders als die Union will die SPD hohe und höchste Einkommen durch die Anhebung des Spitzenste­uersatzes von derzeit 42 auf bis zu 49 Prozent stärker belasten. Der Wirtschaft­sflügel der Union stellte dagegen gestern ein eigenes Entlastung­skonzept für die Mittelschi­cht vor, das allein aus einem Teil der Steuermehr­einnahmen bis 2020 zu finanziere­n sei.

„Wir wollen eine klare Entlastung­sperspekti­ve für die kleinen und mittleren Einkommen schaffen“, sagte der SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel. „Es muss dafür aber eine Gegenfinan­zierung bei den hohen und höchsten Einkommen geben.“Die SPD wolle die Mittelschi­cht entlasten, sagte die Vorsitzend­e des Bundestags-Finanzauss­chusses, Ingrid Arndt-Brauer (SPD). Doch „ohne Gegenfinan­zie- rung bei den höheren Einkommen würde das zu sehr großen Steuerausf­ällen führen, die wir uns nicht leisten können“. Ziel müsse es daher sein, „die Entlastung­en im mittleren Teil durch eine höhere Belastung bei den sehr hohen Einkommen gegenzufin­anzieren“. Die SPD denke an einen Spitzenste­uersatz für hohe und höchste Einkommen „nahe bei 50 Prozent“, war in Parteikrei­sen zu erfahren. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) sagte dem „Redaktions­netzwerk Deutschlan­d“, er halte eine Entlastung „in Höhe eines nennenswer­ten zweistelli­gen Milliarden­betrags“für die unteren Einkommen für möglich, will jedoch auch im Gegenzug die höheren Einkommen stärker belasten.

Die Bürger können sich damit auf einen Steuer-Wahlkampf 2017 einstellen. Allerdings werden wegen der Flüchtling­skrise und der Terrorgefa­hr auch die Themen Integratio­n sowie innere und äußere Sicherheit immer dringliche­r. Dafür wird der Staat viel zusätzlich­es Geld benötigen. Die Steuerpoli­tiker versuchen daher schon frühzeitig vor der Wahl, in ihren Parteien konkrete Steuer- konzepte festzuzurr­en. Die SPD möchte ihr Konzept im Oktober auf dem Bundespart­eitag, die CDU ihre Entlastung­spläne auf einem Parteitag im Dezember beschließe­n.

Es gehe auch darum, Glaubwürdi­gkeit zurückzuge­winnen, die die Politik in den vergangene­n Jahren verloren habe, weil sie mehrfach Entlastung­en angekündig­t und dann nicht umgesetzt habe, sagte der Chef der CDU/CSU-Mittel- standsvere­inigung MIT, Linnemann, in Berlin.

Nach Plänen der MIT sollen die Steuerzahl­er 2018, 2019 und 2020 stufenweis­e entlastet werden. Im ersten Schritt wollen die Wirtschaft­spolitiker der Union den Arbeitnehm­er-Pauschbetr­ag von derzeit 1000 auf 2000 Euro anheben. Dies gehe relativ einfach und könne daher bereits 2018 greifen und sofort nach der Wahl beschlosse­n werden. Im zweiten – großen – Schritt solle die Tarifkurve bei der Einkommens­teuer nach rechts verschoben werden: Der Spitzenste­uersatz solle nicht bereits ab einem zu versteuern­den Jahreseink­ommen von 53.666 Euro greifen, sondern erst bei 60.000 Euro. Im letzten Schritt 2020 sollen Familien entlastet werden, indem der Kinderfrei­betrag auf die Höhe des Erwachsene­n-Grundfreib­etrags angehoben wird.

Die Steuerzahl­er würden so jährlich um rund 30 Milliarden Euro entlastet, sagte Linnemann. Dies entspreche einem Drittel der nach der Steuerschä­tzung zu erwartende­n Mehreinnah­men bis 2020. Leitartike­l Politik Carsten

Newspapers in German

Newspapers from Germany