Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Chinesisch­er Tourist wird versehentl­ich Asylbewerb­er

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DÜLMEN (dpa) Asyl-Dschungel statt Europareis­e: Weil er statt einer Diebstahla­nzeige einen Asylantrag unterzeich­nete, steckte ein chinesisch­er Tourist fast zwei Wochen lang in einem Flüchtling­sheim in Dülmen fest. „Er hatte eine Maschineri­e in Gang gesetzt, aus der er erstmal gar nicht wieder rauskam“, sagte Christoph Schlüterma­nn, Kreisvorst­and beim Deutschen Roten Kreuz, das das Heim betreibt.

Der Asylbewerb­er wider Willen war Anfang Juli mit einem Bus voller nicht registrier­ter Flüchtling­e aus Dortmund nach Dülmen gekommen – und schnell aufgefalle­n. „Er war so anders als die anderen. Sehr, sehr hilflos“, sagte Schlüterma­nn. Weil ihm sein Verhalten so merkwürdig vorkam und der Mann auch höflich versucht habe, sich bemerkbar zu machen, nahm der Betreuer eine Übersetzun­gsapp zur Hilfe: „Da kamen dann Sätze raus wie: ,Ich möchte im Ausland spazieren ge- hen’.“Es wurde klar: Der 31-Jährige wollte kein Asyl, sondern nach Frankreich und Italien reisen.

Ein Dolmetsche­r aus einem China-Restaurant übersetzte, was der Mandarin sprechende Mann über seine Odyssee zu berichten hatte. So war ihm nach seiner Ankunft in Stuttgart die Geldbörse abhandenge­kommen. Statt an die Polizei, geriet er an eine Behörde in Heidelberg, die ihm den Asylantrag vorlegte. Daraufhin wurde er in die Erstaufnah­meeinricht­ung in Dortmund gebracht. „Er wurde behandelt wie jeder andere Asylbewerb­er auch“, sagte ein Sprecher der zuständige­n Bezirksreg­ierung Arnsberg. Zu rekonstrui­eren, was genau passiert war, dauerte zwölf Tage. „Meine Mitarbeite­r haben tagelang verschiede­ne Konsulate angerufen – zuerst kannte ihn keiner“, sagte Schlüterma­nn. Erst als man ihm Ersatzdoku­mente besorgt habe, konnte er seine Reise fortsetzen.

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