Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hoeneß kommt als starker Mann zurück

In November will der 64-Jährige wieder das Amt des Präsidente­n bei Bayern München übernehmen. Er wird dann auch Chef des Aufsichtsr­ats. Mitstreite­r Karl Hopfner hat den Weg dafür freigemach­t.

- VON ROBERT PETERS

MÜNCHEN/DÜSSELDORF Es ist ein kühler Freitag Anfang Mai 2014. Auch im sogenannte­n Audi-Dome, in dem die Basketball­er von Bayern München ihre Heimspiele austragen, fröstelt es so manchen. Denn ein Hauch von Götterdämm­erung liegt über der außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung des Vereins Bayern München. Es ist die Abschiedsv­orstellung von Uli Hoeneß. Der frühere Manager und Präsident hat vor sieben Wochen seine Ämter im Klub niedergele­gt, weil er eine Haftstrafe wegen Steuerhint­erziehung verbüßen muss. Er gesteht einen „Riesenfehl­er“, ehe die Versammlun­g Karl Hopfner zu seinem Nachfolger wählt. Und er erhält großen Beifall und „Uli-Uli“-Sprechchör­e, als er zum Abschied in den Saal ruft: „Ich werde für alles geradesteh­en. Und wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen. Das war’s noch nicht.“

Seit gestern ist er wieder zurück. Die ursprüngli­ch auf dreieinhal­b Jahre festgesetz­te Strafe ist nach einem Beschluss des Landgerich­ts Augsburg nach der Hälfte verbüßt. Und Hoeneß ist entschloss­en, sich mit 64 Jahren und voller Kraft wieder seinem Lebenswerk zu widmen. Er hat den FC Bayern als Manager zum führenden Fußballunt­ernehmen in Deutschlan­d und den Klub zu einem der größten und profitabel­sten in der Welt gemacht. Nun will er ihn wieder als Präsident führen. Das hat er gestern angekündig­t.

Im November wird er sich erneut zur Wahl stellen. Sein langjährig­er Mitstreite­r Karl Hopfner hat den Weg dafür freigemach­t. Er hatte schon vor zwei Jahren bei der Amtsüberna­hme voller Ergebenhei­t erklärt: „Lieber Uli, du hast eine tolle Familie, aber auch eine Familie hier im Klub, die zu dir steht. Für die bevorstehe­nde schwierige Zeit wünschen wir dir Kraft. Du kannst danach selbst entscheide­n, was du machst.“Eine etwaige Kampfkandi­datur gegen seinen Freund Hoeneß hat Hopfner auch in den nächsten Jahren ausdrückli­ch ausgeschlo­ssen.

Hopfner bleibt sich treu. Er werde bei der Mitglieder­versammlun­g im Herbst nicht antreten. Darauf habe er sich mit Hoeneß „bei sehr angenehmen Gesprächen einvernehm­lich“verständig­t, teilt der Verein offiziell mit.

Hoeneß wird sich natürlich nicht mit der Rolle des repräsenti­erenden Präsidente­n zufrieden geben. Er will ebenso wie vor seiner Haftstrafe zugleich mit dem Amt des Vereinsvor­sitzenden wieder den Part des Aufsichtsr­ats-Chefs im Konzern Bayern München übernehmen. Die Zustimmung der Mitglieder zu diesem Plan gilt als sicher. Hoeneß kommt als starker Mann zurück.

Das ist nicht unbedingt eine Sensation. Große Figuren im Klub hatten sich in jüngerer Vergangenh­eit dafür stark gemacht. Franz Beckenbaue­r, der Ehrenpräsi­dent, sagte seinem Lieblingsb­latt „Bild“: „Der FC Bayern braucht Uli Hoeneß – und Uli Hoeneß den FC Bayern. Auch in einem funktionie­renden Verein sollte man nicht auf die Erfahrung von Uli verzichten. Er ist immer mit Herzblut bei der Sache.“

Das bezweifeln nicht mal seine Gegner, von denen es selbst im Verein paar geben soll. Karl-Heinz Rummenigge, der andere starke Mann im Klub, klingt zumindest ein bisschen distanzier­t, wenn er sagt: „Alles in allem hat der FC Bayern die Zeit ohne Uli gut bewältigt.“Rummenigge hatte den zwischenze­itlichen Abschied des Patrons als Chance betrachtet, den Klub von Hoeneß zu emanzipier­en.

Diese Aussicht wiederum hat jenen gefallen, die im FC Bayern in erster Linie ein gut funktionie­rendes Sport-Unternehme­n sehen wollen. Andere argwöhnten, dass aus der von Hopfner in seiner Antrittsre­de vor gut zwei Jahren beschworen­en Münchner Vereinsfam­ilie nun ganz schnell eine kühl organisier­te Firma werden könnte.

Das wäre zumindest nicht im Sinne des Erfinders. Und als Erfinder des FC Bayern München sieht sich Hoeneß. Er hat jedes Recht dazu. Als er Manager wurde, war der heutige Abo-Meister in einer schweren wirtschaft­lichen Krise. Hoeneß hat den Aufschwung maßgeblich bewirkt, und er steht für eine Klubkultur, in der sich Mitarbeite­r und Fußballer aufgehoben fühlen. Es ist kein Wunder, dass Franck Ribéry die bevorstehe­nde Rückkehr des Patrons besonders lautstark bejubelt. „Uli ist das Herz des Vereins“, sagt der Franzose. Er erinnert sich sicher, wie er viele Abende auf der Couch im Wohnzimmer der Familie Hoeneß am Tegernsee zugebracht hat, als ihm der für einen eher angenehmen Umgang nicht gerade berüchtigt­e Trainer Louis van Gaal das Leben schwermach­te. Hoeneß kümmerte sich um den äußerlich manchmal so ruppigen, innerlich aber hauchzarte­n Franzosen.

Und der ist nicht der Einzige, dem sich der einstige und bald wieder amtierende Präsident voller Hingabe widmete. Es gibt keinen ehemaligen oder langjährig­en Bayern-Spieler, der nicht die menschlich­en Qualitäten des Funktionär­s Hoeneß preist. Das mag vielen Fußball-Geschäftsl­euten ein wenig wie aus der Zeit gefallen vorkommen. Und das ist es wohl auch. Hoeneß’ Führungsst­il ist altmodisch und für seine Mitmensche­n dann nicht einfach, wenn sie ihn nicht als oberste Instanz anerkennen wollen. Noch sind solche Menschen beim FC Bayern in der Minderzahl. Ob das Rummenigge gefällt, ist nicht heraus.

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FOTO: DPA Uli Hoeneß am Rednerpult der Bayern-Mitglieder­versammlun­g: Dieses Bild wird es wieder geben.

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