Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit „Skoll“gegen die Sucht

Ein Betroffene­r erzählt, wie ihm ein Angebot des Kreises dabei geholfen hat, sein Leben in den Griff zu bekommen.

- VON TIM HARPERS

NEUSS Er war süchtig. Und er wusste es. Jeden Tag Alkohol. Die Flasche Bier war immer mit dabei. Bei der Arbeit auf der Baustelle, beim Abendessen mit der Familie und abends auf der Couch. Jeden Tag trank er und jeden Tag wurde es schlimmer. Nur dagegen etwas zu unternehme­n, kam ihm nie in den Sinn. „Bis meine Familie eingegriff­en hat“, sagt der Betroffene, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Zum Glück hatte ich meine Frau“, sagt er. „Andere haben niemanden, der ihnen sagt, dass es genug ist.“

Der Weg aus der Sucht führte den Rentner über das sogenannte „Skoll“-Programm, das der Sozialpsyc­hiatrische Dienst des RheinKreis­es in Zusammenar­beit mit der Caritas anbietet. „,Skoll’ steht für Selbstkont­rolltraini­ng und ist ein niederschw­elliges Angebot für alle, die glauben an einer Suchterkra­nkung zu leiden, denen der Schritt zur profession­ellen Suchtberat­ung aber zu weit geht“, sagt Stephanie Meuter, die das Projekt als Sozialarbe­iterin für den Rhein-Kreis begleitet. Bei dem Programm, das am 17. August beginnt, geht es in erster Linie um Selbstrefl­exion. „Die Interessen­ten kommen in einer Gruppe zusammen und sprechen unter Anleitung erfahrener Sozialarbe­iter über ihre Probleme“, sagt Meuter. „Die Teilnehmer sollen mehr über sich selbst und ihre Sucht erfahren.“Dabei sei es egal, mit was für einer Art von Problem die Teilnehmer in der Gruppe kommen. „Wir hatten Alkoholike­r bei uns, Teilnehmer mit Essstörung­en und Raucher“, erläutert die Sozialarbe­iterin. Der Ansatz des Programms sei universell und könne vielen kranken Menschen helfen.

Im Fall des alkoholkra­nken Rentners hat sich aus den Teilnehmer­n der „Skoll“-Gruppe nach dem Programm eine Selbsthilf­egruppe gebildet. Das Schöne an dem Hilfsangeb­ot sei gewesen, dass es keinen Druck gegeben habe, sagt er. „Wir konnten uns unsere Ziele selbst setzen. Bei profession­ellen Angeboten ist das Fernziel immer die völlige Abstinenz. Das kam aber für viele von uns überhaupt nicht infrage.“Heute lebt der Rentner weitgehend trocken. „Und bei vielen meiner früheren ,Skoll’-Kollegen ist es ähnlich. Dass wir uns immer noch treffen, hilft uns.“

Für die nun beginnende „Skoll“Runde gibt es noch Plätze. „Wir freuen uns über jeden, der noch zu uns stoßen will“, sagt Meuter. Zunächst sind acht angeleitet­e Grup- pensitzung­en angesetzt. Themen sind unter anderem Risikositu­ationen, Stressmana­gement und die Suche nach Auslösern für Rückfälle. „Mir hat es jedenfalls sehr geholfen“, sagt der Rentner. „Und ich lege jedem, der mit solchen Problemen zu kämpfen hat, nahe, vorbeizuko­mmen.“

Ein anderes besonders Hilfsangeb­ot für Suchtkrank­e bieten die Sozialdien­ste der Caritas an. Jeden Dienstag zwischen 17 und 18 Uhr gibt es für Jugendlich­e und junge Erwachsene mit Suchtprobl­em eine offene Sprechstun­de im Rahmen der Jugendbera­tung. Außerdem gibt es eine offene Gesprächsg­ruppe, in der sich die jungen Menschen austausche­n können.

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NGZ-ARCHIV: DPA Das „Skoll“-Hilfsprogr­amm basiert auf Selbstrefl­exion. Die Teilnehmer sollen sich ihrer Probleme durch Gespräche mit Sozialarbe­itern und anderen Betroffene­n bewusst werden.

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