Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eklat bei Siegerehrung um Skandalschwimmerin Jefimowa
RIO DE JANEIRO (kron) Julia Jefimowa nahm sich Zeit. Nachdem sie im Finale über 100 Meter Brust als Zweite am olympischen Beckenrand angeschlagen hatte, blieb sie noch lange im Wasser. Die anderen sieben Finalistinnen würdigten sie dabei keines Blickes. Wenige Minuten später brach die Silbermedaillen-Gewinner in Tränen aus – allerdings nicht vor Freude. Denn dieser Montagabend war der bisherige Höhepunkt eines wahren Spießroutenlaufs für die 24-jährige Russin.
Beim Schwimmen gehört es zur Etikette jeden Athleten anzufeuern und zu feiern. Das galt am Montag nicht für Jefimowa. Schon vor dem Start wurde sie vom Publikum ausgebuht. Selbst diejenigen, die nicht für die spätere Olympiasiegern Lilly King waren, hatten eines gemeinsam: Sie waren gegen Julia Jefimowa. Zum Eklat kam es dann nach der Siegerehrung. Eigentlich folgt ein gemeinsames Foto der drei Bestplatzierten. Die beiden US-Amerikanerinnen Lilly King und Katie Meili schlossen Jefimowa aber kurzerhand aus und posierten ohne sie vor den Kameras. Diese Demütigung war für die Zweite kaum zu er- tragen, wie die Tränen in ihren Augen verrieten. „Ich habe hart gekämpft und bekomme keine Anerkennung“, sagte die sichtlich bewegte Russin.
Wer diese Bilder sah, konnte eigentlich nur Mitleid mit der jungen Frau empfinden. Vor dem Hintergrund ihrer Dopingvergangenheit, sind aber auch die Reaktionen des Publikums und ihrer Konkurrentinnen nachvollziehbar. Denn Jefimowa ist keineswegs unschuldig an ihrer Lage. Bereits 2013 wurde sie wegen Dopings gesperrt. Nach Ablauf ihrer Strafe erwischte man sie im März diesen Jahres schon wieder – sie wurde positiv auf das verbotene Herzmittel Meldonium getestet. Der Wiederholungstäterin drohte eine lebenslange Sperre. Die Wende kam dann kurz vor Olympia als der Internationale Sportgerichtshof Cas ihr und weiteren überführten Dopingsündern nachträglich die Starterlaubnis erteilte – zum Unmut der restlichen Schwimmszene.
Nicht besser machte Jefimowa die Situation mit ihren teilweise arroganten Auftritten. Ihren Betrug verglich sie lapidar mit einem Ticket für zu schnelles Fahren, Interviews gab sie ausschließlich russischen Sendern und ignorierte andere Journalisten. Dafür schlägt ihr nun Abneigung entgegen. „Es ist ein schwarzer Tag für den Sport“, sagte Schwimm-Star Michael Phelps über Jefimowas Start. Und auch der Deutsche Bundestrainer Henning Lambertz schlug in dieselbe Kerbe: „Es ist schön, dass wir eine andere Siegerin sehen als die, die wir alle nicht sehen wollten.“Am nächsten Mittwoch ist die Skandalschwimmerin allerdings noch einmal zu sehen. Dann tritt sie mit Medaillenchancen über 200 Meter Brust an.