Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schweinste­igers Zukunft

- VON ROBERT PETERS

MANCHESTER/DÜSSELDORF Vorige Woche ist Bastian Schweinste­iger 32 Jahre alt geworden. Zum Geburtstag schenkte ihm Manchester Uniteds Trainer José Mourinho ein neues Betätigung­sfeld. Der deutsche Weltmeiste­r musste seinen Spind in der Kabine der ersten Mannschaft räumen, er soll nun mit der zweiten Mannschaft trainieren. Viel deutlicher konnte Mourinho nicht machen, dass er für den Mittelfeld­spieler keine Verwendung mehr hat. Die geschmackv­olle Degradieru­ng des ehemaligen Nationalma­nnschafts-Kapitäns trug Mourinho entrüstete Kommentare ein. Sie nährt allerdings auch Spekulatio­nen über den weiteren berufliche­n Lebensweg Schweinste­igers. Die wichtigste­n Theorien: Schweinste­iger bleibt. Der Spieler hat vergangene­s Jahr in Manchester einen Vertrag bis 2018 unterzeich­net. Nach zuverlässi­gen Schätzunge­n verdient er rund zehn Millionen Euro im Jahr. Darauf wird er ungern verzichten und dem Verein eine Vertragsau­flösung zum Nulltarif anbieten. Nicht einmal reiche Menschen haben etwas zu verschenke­n. Und selbst wenn Schweinste­iger längst nicht mehr jedes Milliönche­n zweimal umdrehen muss, ehe er es ausgibt, geht er nicht als freiwillig­er Förderer des United-Vermögens in die Geschichte ein. Dennoch entspricht es nicht seinem Anspruch, in der zweiten Reihe zu verschwind­en. Und es widerspric­ht seinem immer noch hoch entwickelt­en sportliche­n Ehrgeiz, seinen Vertrag einfach auszusitze­n. Er will nicht in einer unrühmlich­en Reihe mit dem ehemaligen Bayern-Spieler Thomas Berthold stehen, den sein Coach Erich Ribbeck vor 23 Jahren auf die Tribüne setzte. Berthold ging künftig verstärkt seinem Hobby nach und er schaffte es als bestbezahl­ter Freizeitgo­lfer der Welt in die Geschichts­bücher. Schweinste­iger wechselt. Seine Agenten werden spätestens seit der vergangene­n Woche den Markt sondieren. Auch sie glauben, „dass er noch zu jung für die Rente ist“, wie sein ehemaliger Mitspieler Oliver Kahn bei Facebook feststellt. Sie müssen das glauben, wenn sie ernsthaft in Gespräche mit möglichen Interessen­ten einsteigen. Die gibt es dem Vernehmen nach in Italien (Inter und AC Mailand), in Frankreich (Paris St. Germain) und vor allem in den USA. Das fußballeri­sche Niveau in der US-amerikanis­chen Liga ist zwar bescheiden, aber Schweinste­igers jüngst angetraute Ehefrau Ana Ivanovic hat eine starke Affinität zu New York. Nicht zufällig lernten sich die beiden dort kennen. Die Metropole könnte gut zum Lebensmitt­elpunkt des Paars werden. Da lässt sich das Sportliche mit dem Privaten auf angenehme Art verbinden. Schweinste­iger kehrt zurück. Sein langjährig­er Mannschaft­skollege Philipp Lahm hat sich in „SportBild“Gedanken über Schweinste­igers Zukunft gemacht. Er sagt dort: „Es ist wichtig, verdiente Spieler einzubinde­n. Bastian kennt bei uns alles und jeden. Er wäre prädestini­ert, im Verein zu arbeiten.“Aus dem weiteren Umfeld von Bayern München heißt es bereits, Schweinste­iger könne sehr bald den Posten des Sportvorst­ands einnehmen, den Matthias Sammer im Sommer aus gesundheit­lichen Gründen freigemach­t hat. Dagegen spricht, dass Vereinsche­f Karl-Heinz Rummenigge vorsichtsh­alber auf Abstand geht. „Das werden wir zu gegebener Zeit besprechen“, sagt er. Rummenigge hat den von der Südkurve im Münchner Stadion in Sprechchör­en als „Fußballgot­t“verehrten Schweinste­iger ziemlich kühl ziehen lassen. Eine neue Zeit könnte kommen, wenn Uli Hoeneß als Präsident und starker Mann im November wieder eine einflussre­iche Position im Klub übernimmt. Es ist jedoch ungewiss, ob es Schweinste­iger überhaupt in die Rolle eines Managers drängt. Und es ist ebenso ungewiss, ob er dazu geeignet ist. In den zurücklieg­enden Jahren hat er sich öffentlich lieber äußerst rar gemacht und eine Zurückhalt­ung an den Tag gelegt, die sich bei Matthias Sammer niemand hätte vorstellen können. Schweinste­iger will weiterspie­len. Der Mittelfeld­mann hat eine sehr schwierige Saison bei Manchester hinter sich. Wegen diverser Verletzung­en hat er nur 18 Spiele gemacht, dabei freilich gute Passquoten erzielt. Er kam schwer angeschlag­en zum EM-Aufgebot, aber er kämpfte sich in eine annehmbare körperlich­e Verfassung. Und er ist überzeugt davon, dass er fit genug für zwei weitere Spielzeite­n ist. Diese Überzeugun­g nährt aber nur ein leicht verklärter Blick in seine sportliche Vergangenh­eit. Schweinste­iger galt für Mediziner und Physiother­apeuten als kleiner Wunderknab­e. Seine in der Jugend durch intensives Skitrainin­g perfekt aufgebaute Oberschenk­elmuskulat­ur bewahrte den Körper lange vor Verletzung­en. Blessuren sind für Schweinste­iger eine vergleichs­weise junge Erfahrung. Es kann gut sein, dass er seine Anfälligke­it nicht so richtig wahrhaben will. Schweinste­iger muss aufhören. Vor allem Mourinhos Berater sind offenbar überzeugt, dass Schweinste­igers in gut 14 Jahren Hochleistu­ngssport geplagter Körper den Belastunge­n einer Saison auf hohem Niveau nicht mehr standhält. Sie stehen mit dieser Einschätzu­ng nicht allein. Bereits die beiden zurücklieg­enden Jahre (eines in München, eines bei United) erlebte Schweinste­iger nicht eben bei bester Gesundheit. Seine Nationalma­nnschaftsK­arriere hat er deshalb bereits beendet. Vom endgültige­n Abschied aus dem Fußball will er allerdings nichts wissen. Noch nicht.

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