Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Steuerzahl­erbund sieht Müllversch­wörung

Die Müllgebühr­en in NRW klaffen weit auseinande­r. Der Bund der Steuerzahl­er sieht in der Müllverbre­nnung die Wurzel des Übels und wirft den Betreibern eine „Verschwöru­ng gegen den Verbrauche­r“vor.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die Gebühren für Müll und Abwasser sind in NRW erneut gestiegen. So zahlt ein Vier-Personen-Musterhaus­halt nach Berechnung­en des Bundes der Steuerzahl­er NRW (BdSt) aktuell im Schnitt 267 Euro statt 263 Euro im Vorjahr. Die Kosten für Abwasser stiegen für denselben Musterhaus­halt um 1,2 Prozent.

Bedenklich­er als den Preisansti­eg selbst findet der BdSt allerdings die große Spreizung unter den Kommunen. So zahlt der Musterhaus­halt (120 Liter Restmüllto­nne, Biotonne, normaler Papiermüll, 14-tägige Leerung) im westfälisc­hen Münster 564 Euro im Jahr und in Emsdetten nur 128 Euro. Auch im Rheinland klaffen die Müllgebühr­en weit auseinande­r (siehe Grafik).

Eine wesentlich­e Ursache für die Gebührenun­terschiede sieht der BdSt in den unterschie­dlichen Kosten, die die Müllverbre­nnungsanla­gen den Entsorgern in Rechnung stellen. Laut BdSt-NRW-Chef Heinz Wirtz machen die Verbrennun­gskosten bis zu 80 Prozent der gesamten Müllgebühr­en aus. Das höchste Verbrennun­gsentgelt je Tonne zahlte 2015 der Kreis Wesel mit 207 Euro, während Mülheim an der Ruhr einem anderen Verbrennun­gsanbieter nur 54 Euro je Tonne zahlen musste. Teilweise kassiert auch ein und derselbe Verbrennun­gsbetreibe­r von unterschie­dlichen Kommunen verschiede­ne Preise. So muss die Stadt Düsseldorf nach BdST-Re- Die preiswerte­sten und teuersten Kommunen in verschiede­nen Kreisen der Region cherchen in einer Müllverbre­nnungsanla­ge auf eigenem Stadtgebie­t 183,70 Euro je Tonne Restabfall bezahlen, während Mönchengla­dbach in derselben Anlage nur 70,21 Euro bezahlt. „Teilweise bieten die Anlagen plötzlich sehr preiswerte Restkapazi­täten an. Wer da gerade Bedarf hat, kommt günstig Die preiswerte­sten und teuersten Städte in der Region weg“, erklärt Wirtz das Phänomen. Allerdings verhindere der neue Abfallwirt­schaftspla­n, dass die Entsorger umfangreic­h auf solche Sonderange­bote zurückgrei­fen können: Um den „Mülltouris­mus“einzudämme­n, schreibt die rot-grüne Landesregi­erung seit April vor, dass die Entsorger den Müll nur in räum- lich benachbart­en Anlagen verbrennen lassen dürfen. „Europaweit­e Ausschreib­ungen wären sicherlich preisdämpf­end“, so Wirtz.

Ärgerlich sei, dass die Gebühren der Müllverbre­nnung nur bruchstück­haft und mit extremem Aufwand zu ermitteln seien. „Auffällig ist, dass einigen Kreisen angeblich weder bekannt ist, in welchen Anlagen ihre Abfälle entsorgt werden, noch wie hoch der Entsorgung­spreis ist“, berichtet Wirtz von den BdST-Recherchen. So sei der Verbrauche­r gar nicht in der Lage, seine Müllrechnu­ng zu überprüfen. „Für uns drängt sich der Verdacht auf, dass in Sachen Müllverbre­nnung ein regelrecht­e Verschwöru­ng gegen den Verbrauche­r im Gange ist“, so Wirtz. Mit der Stadt Bottrop streitet sich der BdSt gerade stellvertr­etend vor Gericht. Aber auch Gelsenkirc­hen, Essen und mehrere Kreise verweigert­en die Auskunft.

Auch bei den Abwasserge­bühren gibt es Ausreißer. In Bad Honnef stiegen sie von einem Jahr aufs andere um 23 Prozent – so stark wie nirgends sonst. Dagegen senkte Isselburg die Gebühr um 15,5 Prozent. Die Gemeinde Bedburg-Hau im Kreis Kleve bekam immerhin eine Senkung um 8,6 Prozent hin und liegt damit in der Liste der größten Rückgänge auf Platz fünf.

Die teuerste NRW-Kommune beim Abwasser ist Neunkirche­nSeelschei­d im Rhein-Sieg-Kreis. Dort muss ein Vier-Personen-Haushalt pro Jahr 1302,52 Euro zahlen. In Reken im Münsterlan­d zahlt der Musterhaus­halt hingegen nur 246,50 Euro im Jahr. Wirtz verlangt eine gerechtere Verteilung der Abwasserko­sten. Nicht nur die privaten Grundstück­seigentüme­r sollten zur Kasse gebeten werden, sondern auch Bund, Land und Kreise, weil von deren Straßen schließlic­h auch Wasser in die Kanalisati­on fließe.

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