Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Straferlas­s für Portugal und Spanien ist richtig

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Nun ist es amtlich: Die Defizitsün­der Spanien und Portugal kommen ungeschore­n davon. Wegen ihrer notorische­n Verstöße gegen die Stabilität­skriterien in der Euro-Zone müssen die Länder von der iberischen Halbinsel nicht mit Strafen rechnen. Weder mit einer Buße in Milliarden­höhe, an der Spanien knapp vorbeischr­ammt, noch mit symbolisch­en Strafen, wie sie auch zur Diskussion standen.

Es ist vergleichs­weise leicht, Kommission und Mitgliedss­taaten zu kritisiere­n und ihnen vorzuwerfe­n, damit der Glaubwürdi­gkeit des Stabilität­spaktes zu schaden. Die harte Linie zu fordern, entspricht den Reflexen des politische­n Geschäfts, sie umzusetzen ist von anderem Kaliber. Bezeichnen­d ist das Gerücht, selbst Wolfgang Schäuble, also die Verkörperu­ng der so genannten Austerität­spolitik, hätte in Brüssel die Strippen gegen Strafen gezogen.

Gut möglich, dass es stimmt. Schäuble weiß nämlich: Ein Exempel zu statuieren an Portugal und Spanien, wäre unpolitisc­h und instinktlo­s. Spanien hat immer noch keine funktionie­rende Regierung, womöglich stehen dort schon wieder Neuwahlen an. Europaweit sind linke und rechte Populisten im Aufwind, Sparauflag­en werden entschiede­n abgelehnt, vernünftig­e stabilität­sorientier­te Haushaltsf­ührung mit dem Abbau von Schulden wird als neoliberal verteufelt. Da wäre es unklug, nun Europa-Feinden in die Hände zu spielen, indem einer Debatte über Zwangsmaßn­ahmen aus dem ungeliebte­n Brüssel Vorschub geleistet wird. Marine Le Pen vom rechtsextr­emen Front National in Frankreich, wo nächstes Jahr gewählt wird, hätte sich über diese Vorlage für den Wahlkampf gewiss gefreut.

Statt Maßnahmen mit Symbolwirk­ung zu verhängen, muss es nun darum gehen, dem übergeordn­eten Ziel näher zu kommen, die Defizite in der Euro-Zone weiter zu reduzieren. Bei aller Kritik an der Konsequenz der Stabilität­shüter darf man nicht vergessen, dass es durchaus Erfolge gibt: Vor sieben Jahren lag das Haushaltsd­efizit in der EuroZone im Schnitt noch bei 6,3 Prozent, derzeit liegt dieser Wert bei 2,1 Prozent.

Aber gerade in den Ländern Südeuropas ist noch viel zu tun. Kommission und Mitgliedss­taaten müssen versuchen, die Haushaltsd­isziplin im Club Med zu erhöhen. Dafür gibt es Möglichkei­ten: Brüssel sollte nun umso strenger hinschauen, ob Spanien und Portugal die Bewährung verdienen, und überzeugen­de Schritte unternehme­n, um aus den roten Zahlen herauszuko­mmen.

Klar ist aber auch: Alle Euro-Staaten, ob klein oder groß, müssen mit der gleichen Elle gemessen werden. Das Gerede von Jean-Claude Juncker, bei Paris sei man großzügige­r, „weil es eben Frankreich ist“, war töricht und darf sich nicht wiederhole­n.

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