Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

VW-Klägern droht Ärger bei Rechtsschu­tz

Manche Versichere­r wollen die Kosten für einen Rechtsstre­it nicht übernehmen. Aus ihrer Sicht hat der Autobauer zunächst einmal das Recht auf Mängelbese­itigung. Nicht alle Gerichte sehen das so.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Autofahrer, die einen manipulier­ten VW-Diesel und eine Verkehrsre­chtsschutz­versicheru­ng besitzen, können zwar prinzipiel­l auf Kosten des Versichere­rs streiten. Umstritten ist aber, wie weit dieser Schutz reicht. Eine Reihe von Versichere­rn will jedenfalls die Kosten für eine Klage auf Rücktritt vom Kaufvertra­g nicht tragen. „In der Regel übernehmen die Rechtsschu­tzversiche­rungen die außergeric­htliche und gerichtlic­he Tätigkeit der Anwälte, die Gerichtsko­sten sowie die anfallende­n Sachverstä­ndigenkost­en mit Ausnahme der Selbstbete­iligung“, erklärt die Anwaltskan­zlei Rogert & Ulbrich (Düsseldorf). Einige Rechtsschu­tzversiche­rer wie die Arag wiesen dagegen Deckungsan­fragen kategorisc­h zurück.

Ähnliche Erfahrunge­n hat der Lahrer Anwalt Ralf Stoll gemacht. Als Hardliner nennt er ebenfalls die Arag, dazu die Örag, die HUK Coburg, die BGV, die DEVK und die Mecklenbur­gische Versicheru­ng. Beim Versicheru­ngsombudsm­ann sind mittlerwei­le zum Thema VW Beschwerde­n im zweistelli­gen Bereich gegen Rechtsschu­tzversiche­rer eingegange­n.

„Wir empfehlen unseren Versicheru­ngsnehmern die Wahrung ih- rer Gewährleis­tungsrecht­e für den Fall, dass keine erfolgreic­he Mängelbese­itigung durch Rückruf für den jeweils betroffene­n Fahrzeugty­p erfolgen sollte“, heißt es beispielsw­eise bei der Düsseldorf­er Örag. Nach Meinung der Rechtsschu­tzversiche­rer, die keine volle Deckung erteilen, muss der Kunde dem Autoherste­ller VW zunächst die Chance zur Nachbesser­ung geben. Will der Versichert­e sofort kla- gen, lehnen die betroffene­n Rechtsschu­tzversiche­rer dies wegen Mutwilligk­eit oder mangelnder Erfolgsaus­sichten ab. So ist die Örag der Ansicht, dass der Schaden mit dem Aufspielen einer Software behoben werden kann und somit die Klagekoste­n in keinem Verhältnis zur Schadenbeh­ebung stehen würden.

Dagegen sah das Landgerich­t Essen keine Mutwilligk­eit gegeben (LG Essen, Az. 18 O 68/16). Das Landgerich­t Baden-Baden verweist auf die Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofes, wonach sich der Versi- cherte bei seiner Forderung nach Schutz um wirtschaft­liche Überlegung­en gerade nicht kümmern muss (LG Baden-Baden Az. 2 O 7/ 16). Was die Erfolgsaus­sichten einer Klage angeht: Zwar hat die Arag in neun Verfahren gewonnen, doch mittlerwei­le haben zwei Landgerich­te die Erfolgsaus­sichten bejaht (LG München; Az.: 23 O 23033/15; LG Lüneburg Az. 4 O 3/16).

Nach Meinung der Richter müssten Käufer zudem nicht monatelang auf die Nachbesser­ung warten. „Mit den Urteilen ist eine Ablehnung der vollen Rechtsschu­tzdeckung aufgrund von Erfolglosi­gkeit eigentlich nicht mehr möglich“, glaubt Matthias Köck, Fachanwalt für Verkehrs- und Arbeitsrec­ht aus Nürnberg und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). Ähnlich sehen dies die Rechtsschu­tzversiche­rer Ergo, Deurag und Roland. Sie haben daher zum VW-Skandal noch keine Kundenklag­en gegen sich laufen. Das Risiko der sogenannte­n Deckungskl­age trägt jedoch der Versichert­e. Roland schätzt die Kosten bei einem Fahrzeug, das beim Kauf 30.000 Euro kostet und derzeit noch 25.000 Euro wert ist, auf rund 3000 Euro. Auf dieses Risiko muss der Anwalt vor Erhebung der Klage seinen Mandanten hinweisen.

BeimOmbuds­mannsind zum Thema VW Beschwerde­n gegen Rechtsschu­tzversiche­rer eingegange­n

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