Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein alter Friedhof erzählt Dorfgeschi­chte

Der Heimatvere­in Kleinenbro­ich macht sich für den Erhalt alter Grabsteine auf dem Friedhof an der Raitz-von-Frentz-Straße in Kleinenbro­ich stark.

- VON MARION LISKEN-PRUSS

KLEINENBRO­ICH Sie sind nicht nur Orte der Stille, sondern sie erzählen auch vom Leben und vom Sterben der Menschen in einem Dorf: alte Friedhöfe. In Kleinenbro­ich gibt es solch ein Kleinod – an der Raitzvon-Frentz-Straße. Der morbiden Melancholi­e dieses verwunsche­nen Ortes vermag sich kaum ein Besucher zu entziehen – auch wenn nur noch Trampelpfa­de über den kurz geschnitte­nen Rasen führen. Verstreut liegen noch einzelne Gräber auf dem alten Friedhof; und unter einer Linde brennt einsam ein Grablicht. Die meisten Grabstätte­n sind längst abgeräumt und ebenso wie die Wege mit Gras überwachse­n. Beisetzung­en finden hier nicht mehr statt, seitdem der Friedhof 2008 offiziell geschlosse­n wurde.

Formal geschnitte­ne Eibenhecke­n und eine Lindenalle­e erinnern aber daran, dass einst ein breiter Hauptweg zu dem historisch­en Hochkreuz von 1824 führte. Das bildete solange den Mittelpunk­t des kreuzförmi­g angelegten Friedhofs, bis er später nach Osten hin erweitert wurde. Seit wann der Friedhof besteht, lässt sich heute kaum noch rekonstrui­eren. In alten Unterlagen der Stadtverwa­ltung wurde er 1898 das erste Mal erwähnt. Doch vermutlich fand schon im Jahre 1824 eine Beisetzung statt: Die Inschrift auf dem Hochkreuz belegt, dass Freiherr Franz Ludwig von Dorth hier beerdigt wurde.

Er war seit 1798 Herr auf Haus Randerath gewesen und hatte der Gemeinde das Friedhofsg­elände geschenkt. Nicht ohne Hintergeda­nken, wie es der Chronist Hubert Köhnen in seinem Kleinenbro­icher Heimatbuch erwähnt: Durch die Schenkung erhielten der Freiherr von Dorth, seine Ehefrau und seine beiden Töchter den Ehrenplatz unter dem Hochkreuz, der sonst nur verstorben­en Pfarrern vorbehalte­n blieb. Drei Pfarrer wurden im Laufe der Jahre noch zu Füßen des Hochkreuze­s beigesetzt.

Die Inschrifte­n auf den Grabplatte­n sind mittlerwei­le so verwittert, dass sie unleserlic­h geworden sind. „Deshalb hat sich der Heimatvere­in Kleinenbro­ich vorgenomme­n, das Hochkreuz mit den davorliege­nden Grabplatte­n zu sanieren“, sagt Vereins-Archivarin Edith Carsjens. Ob sich die Inschrifte­n mithilfe der Kirchenarc­hive rekonstrui­eren lassen, überprüft derzeit Reiner Tillmanns vom Kirchenvor­stand. Edith Carsjens bedauert, dass in den vergangene­n Jahren zahlreiche historisch­e Grabsteine aus Marmor oder Standstein sowie alte Gusskreuze entfernt wurden, als die Ruhezeiten der Gräber abliefen.

Aus diesem Grund möchten die Mitglieder des Heimatvere­ins ebenso wie einige Angehörige die restlichen Grabsteine auf dem Friedhof hüten: Josef Schipperge­s, der dort noch zwei Familiengr­äber pflegt, hat sich gemeinsam mit dem Verein an die Stadt gewandt: „Wir können uns einen Bereich vorstellen, in dem die restlichen Grabsteine zusammenge­tragen werden, damit sie erhalten bleiben“, sagt er. Denn Grabsteine sind ein Spiegelbil­d der Zeitgeschi­chte, und sie erzählen Geschichte­n der Kleinenbro­icher Bürger.

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FOTO: REICHARTZ Der Heimatvere­in Kleinenbro­ich hat sich viel vorgenomme­n: Das Hochkreuz und die Priestergr­äber sollen saniert werden.

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