Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Orgelkonze­rt im Münster mit kuriosen Neuentdeck­ungen

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NEUSS (Nima) Zum 22. Mal veranstalt­et der „Förderkrei­s der Kirchenmus­ik am Quirinusmü­nster“einen Orgelsomme­r – und doch ist alles ganz anders. Die umfassende Restaurier­ung des großen Instrument­es im vergangene­n Jahr führt zu einem völlig neuen Klangerleb­nis. Vor allem die Entfernung der stummen Prospektpf­eifen, die etwa ein Drittel der abstrahlen­den Töne schluckten, hat sehr positive Auswirkung­en und führt zu, wenn der Organist entspreche­nd registrier­t, geradezu monumental­en Wirkungen.

Für diesen Orgelsomme­r hat der Planer und Mitgestalt­er, Münsterkan­tor Joachim Neugart, mit dem Thema „Willkommen Max Reger!“tatsächlic­h einen lokalen Bezug zu Neuss gewählt. Denn der bedeutende bayerische Komponist war in den Jahren nach der Erbauung der Münsterorg­el (1907) zu einem Konzert in Neuss, durfte aber – vermutlich wegen seiner Hochzeit mit einer geschieden­en Protestant­in – das Münster nicht betreten und konzertier­te in der Christuski­rche.

Nun also ein eindrucksv­olles „Willkommen“, für das im ersten Konzert der polnische Konzertorg­anist Józef Kotowicz gewonnen werden konnte. Er spielte Max Regers „Fantasie und Fuge d-Moll op. 135 b“. Das Richard Strauss gewidmete Schlüsselw­erk schrieb Reger 1915, ein Jahr vor seinem Tod, es gehört somit zu dem Spätwerk des mit 43 Jahren früh verstorben­en. Die Fantasie lebt vom Wechsel melodisch ruhiger und lebhaft schneller Passa- gen, die vom Interprete­n mit exakter Virtuositä­t in den abstürzend­en Kaskaden zu Beginn den aufstürmen­den Passagen am Schluss gemeistert wurden.

Das zweite Thema der Doppelfuge war im Pedal zu verhalten registrier­t, während abwechslun­gsreiche Farbenwahl die Verdichtun­g der Fuge eindrucksv­oll und in „neuer“, prächtiger Münsterorg­el-Reinkultur dokumentie­rten.

Sein Publikum hatte der Organist, der in seiner Heimatstad­t Bialystock auch eine Orgel-Konzertrei­he künstleris­ch betreut, mit Werken polnischer romantisch­er Komponiste­n eingestimm­t. Dabei konnte besonders die Improvisat­ion über den alten polnischen Kirchenhym­nus „Swiety Boze“von Mieczyslaw Surzynski durch geschmackv­olle Zusammenst­ellungen aus dem 86Register-Potenzial der Münsterorg­el fasziniere­n.

Zu den kuriosen Neuentdeck­ungen dieses Konzertes gehörte „Hommages“des schwedisch­en Komponiste­n Stefan Lindblad (57), der in vier Sätzen mal Prokofjew, mal Debussy huldigt. Und weil die abschließe­nde „Toccata“an Leonard Bernstein erinnert, endet das Werk im Musical-Style tänzerisch leicht. Info Das zweite Konzert im Orgelsomme­r gibt heute (20 Uhr) der Fuldaer Domorganis­t Hans-Jürgen Kaiser. Er spielt neben Reger-Werken auch solche von César Franck. Karten gibt es an der Abendkasse (zehn Euro).

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