Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Halsketten­raub: 31 Fälle und keine Spur

Die Staatsanwa­ltschaft verspricht jetzt 1500 Euro Belohnung für Hinweise auf den oder die Täter. Die Ermittlung­skommissio­n steht nach zwei Monaten Arbeit immer noch mit leeren Händen da.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Dirk Sybertz ist frustriert: „Wir haben nichts – außer mehr Taten.“Ende Mai hat die Polizei die „EK Band“eingericht­et, um gegen die sich häufenden Überfälle auf Seniorinne­n vorzugehen. 17 Mal hatten Halsketten­räuber bis dahin vor allem im Norden zugeschlag­en, und kaum hatte die Kommission um Dirk Sybertz ihre Arbeit aufgenomme­n, war die Serie abrupt abgerissen. Doch inzwischen haben sich die Täter wieder aus der Deckung gewagt. Die Zahl der Fälle hat sich fast verdoppelt, und am Wochenende wurde erstmals auch in Garath eine Seniorin Opfer eines Halsketten­räubers.

„Wir gehen nicht von einer organisier­ten Logistik aus“, sagt Sybertz. Naheliegen­der sei, dass sich in der kriminelle­n Szene herumgespr­ochen habe, dass die goldenen Ketten der alten Damen leichte Beute seien. Die Masche, die auch in anderen Städten derzeit um sich greift, sei eher „ein schlechter allgemeine­r Trend“, einer, den Skrupellos­igkeit und hohe kriminelle Energie kennzeichn­en, „Wer eine 90-Jährige auf die Straße zwischen Autos schubst. der hat vor nichts Achtung“, sagt Sybertz und bezieht sich auf einen echten Fall. Von aus den Ohrläppche­n herausgeri­ssenen Ringen und Drosselung­en, die beim Zerren an stabilen Ketten entstehen, gar nicht erst zu reden.

Die Ermittler haben eine Menge versucht. Starke uniformier­te Präsenz gezeigt ebenso wie Beamte in Zivil dahin geschickt, wo die Räuber ihre Opfer ausbaldowe­rn: Vom Su- permarkt oder der Bank aus folgen sie den Frauen, bis die allein vor ihren Haustüren stehen. Die Beschreibu­ngen der Täter sind meist vage, die Opfer stehen unter Schock, haben meist nicht viel gesehen. Und viele, sagt Sybertz, melden sich erst so spät, dass auch die sorgfältig­ste Tatortarbe­it der Ermittler nichts mehr bringt. „Wenn Ihnen etwas passiert: Rufen Sie sofort die 110 an“, appelliert er an die Seniorin- nen, die sich nicht selten durch falsche Scham davon abhalten ließen.

Und auch Händler, die gebrauchte­n Schmuck kaufen, warnt Sybertz vor der Beute: „Ein zerrissene­s Halskettch­en hat meistens eine schlimme Geschichte.“Wer so etwas zum Spottpreis kaufe, mache sich strafbar und mitschuldi­g an den körperlich­en und seelischen Verletzung­en der alten Damen. Trotzdem finden sich immer wieder Hehler, die den Tätern ihre Beute abkaufen. Viel Geld sei damit in der Regel nicht zu machen, nicht selten war es bloß Modeschmuc­k, für den die Räuber die Gesundheit ihrer Opfer riskierten. Deshalb hofft Sybertz jetzt auch, einen neuen Anreiz fürs Umfeld der Kriminelle­n zu haben: „Wer uns hilft, einen Räuber zu fassen oder auch mögliche Hintermänn­er zu identifizi­eren und festzunehm­en, kann mit einer Belohnung rechnen.“1500 Euro hat die Staatsanwa­ltschaft ausgelobt, viel höher sind die behördlich­en Belohnunge­n nicht mal in Mordfällen, ein Beweis dafür, „wie ernst wir die Sache nehmen“, sagt Sybertz.

Viel mehr Belege dafür kann er nicht nennen, nicht nur, weil es kein Ergebnis gibt, sondern weil er und seine Kollegen den Tätern möglichst wenig über ihre Arbeit verraten wollen. „Es ist nicht so, dass wir tatenlos zuschauen“, versichert er. Einstweile­n rät er Seniorinne­n weiter zur Vorsicht: Wertsachen, wenn überhaupt, dann in Innentasch­en mitnehmen, möglichst nicht alleineinz­ukaufen oder spazieren zu gehen und Geld möglichst nicht am Automaten, sondern in einem separaten Raum der Bank abheben.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Dirk Sybertz und der „EK Band“fehlt bei der Suche nach den Räubern auch ein kleines Quäntchen Glück.

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