Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wende im Fall Assange

Ecuador stimmt Verhör des Wikileaks-Gründers in der Botschaft zu.

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STOCKHOLM (anw) Die Odyssee des Julian Assange könnte bald ein Ende haben. Gestern hieß es überrasche­nd bei der Stockholme­r Staatsanwa­ltschaft, dass Ecuador einem Verhör mit dem Gründer der Enthüllung­splattform Wikileaks zu umstritten­en Vergewalti­gungsvorwü­rfen zweier Schwedinne­n in seiner Botschaft zugestimmt hat.

„Julian Assange sieht das Verhör in der Botschaft mit gemischten Gefühlen. Er begrüßt, dass es nun endlich stattfinde­n wird“, sagte Per Samuelsson, Assanges schwedisch­er Anwalt, unserer Redaktion. Anderersei­ts hätte die schwedisch­e Staatsanwa­ltschaft das aus seiner Sicht schon vor sechs Jahren tun müssen. „Die Rechtsunsi­cherheit ist nun groß. Es sind sechs Jahre ver- gangen“, so der Anwalt. Die beiden Frauen hätten sich besser direkt nach dem angebliche­n Vorfall äußern sollen. Es handelt sich dabei um eine Voruntersu­chung, die klären soll, ob es überhaupt zu einer Anklageerh­ebung kommen kann. Ein Verhör könnte Assange somit die Freiheit schenken.

Seit vier Jahren versteckt sich Assange in der Botschaft von Ecuador in London. Rund um die Uhr belagert von der britischen Polizei, die ihn nach Schweden ausliefern will. Er weigert sich, für das Verhör nach Schweden zu kommen, weil er befürchtet, von dort an die USA ausgeliefe­rt zu werden. Der heute 44-Jährige hatte auf seiner Internetse­ite Tausende geheime Dokumente veröffentl­icht und so zahlreiche US- Kriegsverb­rechen, unter anderem in Afghanista­n und im Irak, enthüllt.

Erst hatte sich die schwedisch­e Staatsanwa­ltschaft jahrelang geweigert, den Wikileaks-Gründer in der Botschaft zu verhören. Dann wollte Ecuador plötzlich kein Verhör mehr genehmigen. Vermutlich auch, weil ein Teil der Anschuldig­ungen im August vergangene­n Jahres verjährte. Assange wurde ursprüngli­ch der „weniger groben Vergewalti­gung“, „sexueller Nötigung“und „sexueller Belästigun­g“an zwei Schwedinne­n im August 2010 verdächtig­t. Nicht verjährt ist allerdings der Vergewalti­gungsvorwu­rf. Dass die USA hinter der ganzen Sache in Form einer Rufmordkam­pagne stecken, glaubt in Schweden kaum jemand.

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