Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bogenschützin Unruh sorgt mit Silber für eine Sensation
RIO DE JANEIRO (sid) Lisa Unruh reckte ihren Bogen immer wieder jubelnd in die Luft und fiel dann Bundestrainer Oliver Haidn um den Hals. Als die erste deutsche Bogenschieß-Medaille in olympischen Einze perfekt war, konnte die 28Jährige ihr Glück kaum fassen. Die 2:6-Niederlage im Finale gegen die Südkoreanerin Chang Hyejin schmälerte ihre Freude kein bisschen. Unruhs Auftritt war nicht weniger als eine Sensation. Schon nach dem Halbfinal-Erfolg über die Mexikanerin Alejandra Valencia hatte die Berlinerin deshalb ausgelassen gejubelt. Bislang hatte es für die Bogenschützen nur 1996 in Atlanta Silber und 2000 in Sydney Bronze für die Frauen-Mannschaft gegeben.
Mit einem beigen Fischerhut als Sonnenschutz auf dem Kopf, den sie sich einst für 15 Euro gekauft hatte, hielt die Polizeimeisteranwärterin über den kompletten Tag hinweg ein hohes Niveau und schaltete zunächst im Achtelfinale die Chinesin Cao Hui und in einem packenden Duell in der Runde der letzten Acht überraschend auch die taiwanesische Weltranglistenzweite Tan YaTing mit 6:5 aus.
Zum Schießen kam Unruh auf Umwegen, sie war erst Schwimmerin. „In der sechsten Klasse wollte ich mich neu orientieren“, sagte sie. Aufgrund ihrer Körpergröße (1,80 m) ging sie erst zum Volleyball, schließlich brachte ihre Mutter sie zum Bogenschießen. Sechs Mal in der Woche trainiert sie, vier bis fünf Stunden am Tag. Unruh wird von der Bundespolizei gefördert, das Geld reicht, um nicht arbeiten zu müssen und für die mehrere Tausend Euro teure Ausrüstung.