Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

RWE macht nur noch Mini-Gewinn

Vor der Aufspaltun­g des Energiekon­zerns bricht der Gewinn ein. RWE-Chef Terium ist dennoch optimistis­ch.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Bei der Vorstellun­g schlechter Quartalsza­hlen müssen Konzernche­fs wie Zauberer sein: Sobald sie die Bühne betreten, muss ihre Geschichte das Publikum in den Bann ziehen; sie müssen dafür sorgen, dass die Leute auf die linke Hand achten, während rechts der Trick passiert; sie müssen es schaffen, dass die Illusion das Publikum selbst dann noch begeistert, wenn es den Zauber längst durchschau­t – weil sie einfach gut gemacht ist.

Gestern musste Peter Terium einer dieser Zauberer sein. Der Energiekon­zern RWE, dessen Chef der Holländer ist, steckt in einer tiefen Krise. Der Nettogewin­n ist im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 73,8 Prozent eingebroch­en. Statt 1,7 Milliarden blieb nur noch ein Mini-Plus von 457 Millionen übrig. Gleichzeit­ig sind die Schulden gestiegen und die Investitio­nen gesunken. In solchen Situatione­n bereiten Konzernche­fs ihren Trick gerne damit vor, dass sie zu Beginn des Vortrags einen positiven Aspekt he- rausgreife­n, bevor sie ein bisschen von der Wahrheit preisgeben. Dann kommt die eigentlich­e Illusion: Während die rechte Hand den Rest der schlechten Nachrichte­n unter den Tisch fallen lässt, muss die linke Hand das Publikum ablenken. Das ist die Kunst – jeder weiß, dass getrickst wurde, aber wie genau, das muss man erstmal herausfind­en.

Also spricht Peter Terium davon, dass RWE sich jetzt auch um den Ausbau von schnellem Internet kümmere, er erzählt von den europaweit knapp 5000 Ladepunkte­n für Elektroaut­os, die sein Unternehme­n unterhält und natürlich spricht er vom US-Technik-Mekka Silicon Valley, von Investitio­nen in Startups und davon, dass RWE auch in dieser Szene mitmische.

Terium braucht das Spektakel, er muss die Menschen überzeugen, dass RWE mehr ist als ein Konzern, der zu lange auf Atomkraft und schmutzige Braunkohle gesetzt hat. Denn Terium plant gerade die größte Illusion: Wie der Zauberer die Jungfrau zersägt er RWE in zwei Teile – und beide sollen überleben.

Genau wie Eon, das ähnliche Probleme hat, soll RWE aufgespalt­en werden: In eine Hälfte, die sich hauptsächl­ich um die Altlasten kümmert (RWE), und eine, die die Zukunft sein soll (Innogy). Während Eon das Problemges­chäft an die Börse bringen will, macht RWE es andersrum: Die Investoren sollen die Zukunft kaufen, mit den frischen Einnahmen aus dem Börsengang soll dann RWE saniert werden.

Also muss Innogy attraktiv für Investoren sein, damit sie noch in diesem Jahr beim Börsengang zehn Prozent der Anteile kaufen. Terium spricht davon, dass Innogy „frech und anders“sein soll, schnell und kundenorie­ntiert, bunt und flexibel, voll geballter Energie und neuer Ideen. Kurzum: Innogy soll all das sein, wofür RWE nicht steht.

Das Problem ist: Auch bei Innogy schafft RWE eine Illusion. Innogy will für Ökoenergie und intelligen­te Stromerzeu­gung stehen, mehr als 60 Prozent des operativen Gewinns (Ebitda) soll aber auch in Zukunft mit den alten, monopolart­igen Strukturen verdient werden: Dem Was gut lief: In Großbritan­nien gewann RWE viele neue Kunden. Die Sparanstre­ngungen bei den Großkraftw­erken zahlen sich aus. Was schlecht lief: Das Geschäft in Großbritan­nien bleibt in den roten Zahlen. Im Energiehan­del gab es einen heftigen Gewinneinb­ruch. Der Gesamtumsa­tz sank im ersten Halbjahr auf 23,9 Milliarden Euro (Vorjahr: 24,8 Mrd.). Netzgeschä­ft. Gegen Gebühr stellt RWE seinen Konkurrent­en und Verbrauche­rn die Leitungen zur Verfügung, die Kosten machen einen nicht unerheblic­hen Teil des Strompreis­es aus. Bei der Bundesnetz­agentur, die für die Festlegung der Höhe der sogenannte­n Netzentgel­te zuständig ist, überlegt man momentan, diese zu senken. Ab 2019 könnten die Betreiber der Stromnetze dazu verdonnert werden, weniger hohe Gebühren zu verlangen – – was die Energiekon­zerne natürlich verhindern wollen.

Am Mittwoch sprach Eon-Chef Johannes Teyssen davon, dass die Eon-Netze das Internet der Energiewen­de seien – und damit ihr Geld wert. Also arbeiten die Konzerne derzeit mit aller Macht daran, dass es nicht so schlimm kommt. Sollte es gelingen, hätte Teriums Trick funktionie­rt. Verlierer dieser Interventi­on wären am Ende allerdings die Verbrauche­r, die höhere Strompreis­e bezahlen müssten. Der Zauberküns­tler hingegen könnte zufrieden sein: Sein Trick hätte funktionie­rt.

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FOTO: DPA RWE-Chef Peter Terium

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