Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Probleme werden in Neuss gelöst
Vom Schraubenladen zum Industriedienstleister: Das Familienunternehmen Coenen hat sich nach vier Generationen neu aufgestellt, mischt heute bei Produktentwicklungen mit und beliefert vor allem Großkunden.
NEUSS Christian Coenen präsentiert sich als Problemlöser. Nur wenige Meter muss er durch den RegalDschungel seines kombinierten Lager- und Verkaufshauses gehen, bis ihm eine neuartige Schutzbrille mit Sehstärke, eine starkstromsichere Jacke oder ein ultraleichter Sicherheitsschuh in die Hände fallen. Für scheinbar alles, was einen Kunden an herkömmlichen Produkten stören könnte, hat der 49-Jährige eine Alternative auf Lager, wenigstens aber eine Idee, wie er sie beschaffen könnte. Obwohl nicht jede seiner Ideen von Erfolg gekrönt ist (wie zuletzt ein Holzhaus zur Flüchtlingsunterbringung) probiert Coenen immer wieder Neues aus – und hält das Neusser Unternehmen damit auf einem vielversprechenden Kurs.
Coenens Urgroßvater hatte 1892 an der Neusser Erftstraße mit einem bescheidenen Ein-Mann-Geschäft für technische Artikel angefangen, rund 100 Jahre später – beim Einstieg von Christian Coenen – zählte der Betrieb nur fünf Angestellte. Mit dem Urenkel kam der Wandel – und das Wachstum. Heute sind rund 65 Mitarbeiter im Einsatz, nicht eingerechnet die Logistiker, Reinigungskräfte und Dienstleister, die im Auftrag von Coenen Berufskleidung waschen, Transporte übernehmen und sich um alles kümmern, was nicht direkt bei Coenen erledigt werden kann. „Die Kunden kommen mit einem Problem zu mir, und ich überlege mir eine Lösung“, sagt Coenen.
Denn wie sich im Namen des Inhabers die Tradition der Firma fortsetzt, so bietet diese auch immer noch alle möglichen Gebrauchsgegenstände auf der Ladenfläche an der Neusser Moselstraße an. Dorthin zog der Betrieb bereits 1984, vor einem Jahr holte sich das Unternehmen noch eine benachbarte Halle dazu und kommt nun auf mehrere Tausend Quadratmeter Lagerfläche. Am Tag passieren um die 1000 Pakete die Abfertigungsstraße. 50 Prozent des Umsatzes macht Coenen mit Arbeitskleidung, die andere Hälfte teilen sich Industrietechnik und Dienstleistungen wie die Lieferung und Wartung von Maschinen oder die Einrichtung von Betriebsräumen. Christian Coenen glaubt trotz des boomenden Internethandels an sein Ladengeschäft, in dem er nach dem Umbau im Jahr 2013 seine Arti- kel auf zwei Stockwerken – eines davon zieht sich als eine Art Galerie durch den oberen Teil des Raums – präsentiert.
Stolz ist Coenen aber vor allem auf sein Konzept der Rundum-Dienstleistung. „Reine Logistiker gibt es viele“, sagt der Geschäftsführer. In Konkurrenz zu Amazon und Co. wolle er daher nicht treten, auch den Anbietern in der Veredelungs-, Verarbeitungs- und Hygienebranche könne er nicht das Wasser reichen. Stattdessen fokussierte er seine Unternehmungen auf Beratung, Verkauf und Entwicklung neuer Lösungen.
Ein Beispiel. Ein neuartiger Schutzanzug mit Gasmaske für Feuerwehrkräfte, den ein externes Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Neusser entwickelte, ist jetzt bei einer Feuerwehr in der Ausbildung im Einsatz, ein weiteres Modell können potenzielle Neukunden in der Verkaufshalle begutachten. Im oberen Stockwerk finden sich Sicherheitsjacken, die Coenen mit dem Anspruch ausgesucht hat, dass sie sich kaum von Alltagskleidung unterscheiden. Einige Schritte weiter hängt dann wiederum die signalfarbene Maximalschutz-Kleidung, mit der man nach Angaben Coenens auch ein Trafo-Häuschen betreten dürfe.
Um zehn Prozent soll das Unternehmen jährlich wachsen, 2015 lag der Umsatz bei 17,8 Millionen Euro, 2020 soll er die 20 Millionen knacken. Auf mehr als 100 Messen stellt sich Coenen dafür im Jahr vor, mehrere Sicherheits-Workshops zur Kundenakquise bietet er direkt am Unternehmenssitz an. Um die Zukunft macht sich der zweifache Vater wenig Sorgen: „All unsere großen Kunden haben wir anfangs nur beliefert.“Spezielle Papierspender in Fußballstadien oder automatische Waschbecken in internationalen Chemiekonzernen zeugen von der Überzeugungskraft, mit der Coenen sich neue Aufträge sichert.
Dabei machte er auch seine Erfahrungen mit Rückschlägen: 1998 übernahm Coenen ein ähnliches Unternehmen in Aachen, diesen unprofitablen Standort musste er aber 2012 wieder schließen. Auch die in der Halle lagernden Kisten mit Öldosen, die das CO2-Abgas aus der Zement-Industrie als Treibgas recyceln, zeugen vom gescheiterten Versuch, einen neuen Weg zu gehen. „Innovation ist schwierig. Für einige Dinge sind die Kunden einfach noch nicht bereit“, sagt Coenen. Und hat dabei vielleicht schon eine neue Idee im Sinn.