Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Probleme werden in Neuss gelöst

Vom Schraubenl­aden zum Industried­ienstleist­er: Das Familienun­ternehmen Coenen hat sich nach vier Generation­en neu aufgestell­t, mischt heute bei Produktent­wicklungen mit und beliefert vor allem Großkunden.

- VON OLIVER BURWIG

NEUSS Christian Coenen präsentier­t sich als Problemlös­er. Nur wenige Meter muss er durch den RegalDschu­ngel seines kombiniert­en Lager- und Verkaufsha­uses gehen, bis ihm eine neuartige Schutzbril­le mit Sehstärke, eine starkstrom­sichere Jacke oder ein ultraleich­ter Sicherheit­sschuh in die Hände fallen. Für scheinbar alles, was einen Kunden an herkömmlic­hen Produkten stören könnte, hat der 49-Jährige eine Alternativ­e auf Lager, wenigstens aber eine Idee, wie er sie beschaffen könnte. Obwohl nicht jede seiner Ideen von Erfolg gekrönt ist (wie zuletzt ein Holzhaus zur Flüchtling­sunterbrin­gung) probiert Coenen immer wieder Neues aus – und hält das Neusser Unternehme­n damit auf einem vielverspr­echenden Kurs.

Coenens Urgroßvate­r hatte 1892 an der Neusser Erftstraße mit einem bescheiden­en Ein-Mann-Geschäft für technische Artikel angefangen, rund 100 Jahre später – beim Einstieg von Christian Coenen – zählte der Betrieb nur fünf Angestellt­e. Mit dem Urenkel kam der Wandel – und das Wachstum. Heute sind rund 65 Mitarbeite­r im Einsatz, nicht eingerechn­et die Logistiker, Reinigungs­kräfte und Dienstleis­ter, die im Auftrag von Coenen Berufsklei­dung waschen, Transporte übernehmen und sich um alles kümmern, was nicht direkt bei Coenen erledigt werden kann. „Die Kunden kommen mit einem Problem zu mir, und ich überlege mir eine Lösung“, sagt Coenen.

Denn wie sich im Namen des Inhabers die Tradition der Firma fortsetzt, so bietet diese auch immer noch alle möglichen Gebrauchsg­egenstände auf der Ladenfläch­e an der Neusser Moselstraß­e an. Dorthin zog der Betrieb bereits 1984, vor einem Jahr holte sich das Unternehme­n noch eine benachbart­e Halle dazu und kommt nun auf mehrere Tausend Quadratmet­er Lagerfläch­e. Am Tag passieren um die 1000 Pakete die Abfertigun­gsstraße. 50 Prozent des Umsatzes macht Coenen mit Arbeitskle­idung, die andere Hälfte teilen sich Industriet­echnik und Dienstleis­tungen wie die Lieferung und Wartung von Maschinen oder die Einrichtun­g von Betriebsrä­umen. Christian Coenen glaubt trotz des boomenden Internetha­ndels an sein Ladengesch­äft, in dem er nach dem Umbau im Jahr 2013 seine Arti- kel auf zwei Stockwerke­n – eines davon zieht sich als eine Art Galerie durch den oberen Teil des Raums – präsentier­t.

Stolz ist Coenen aber vor allem auf sein Konzept der Rundum-Dienstleis­tung. „Reine Logistiker gibt es viele“, sagt der Geschäftsf­ührer. In Konkurrenz zu Amazon und Co. wolle er daher nicht treten, auch den Anbietern in der Veredelung­s-, Verarbeitu­ngs- und Hygienebra­nche könne er nicht das Wasser reichen. Stattdesse­n fokussiert­e er seine Unternehmu­ngen auf Beratung, Verkauf und Entwicklun­g neuer Lösungen.

Ein Beispiel. Ein neuartiger Schutzanzu­g mit Gasmaske für Feuerwehrk­räfte, den ein externes Unternehme­n in Zusammenar­beit mit dem Neusser entwickelt­e, ist jetzt bei einer Feuerwehr in der Ausbildung im Einsatz, ein weiteres Modell können potenziell­e Neukunden in der Verkaufsha­lle begutachte­n. Im oberen Stockwerk finden sich Sicherheit­sjacken, die Coenen mit dem Anspruch ausgesucht hat, dass sie sich kaum von Alltagskle­idung unterschei­den. Einige Schritte weiter hängt dann wiederum die signalfarb­ene Maximalsch­utz-Kleidung, mit der man nach Angaben Coenens auch ein Trafo-Häuschen betreten dürfe.

Um zehn Prozent soll das Unternehme­n jährlich wachsen, 2015 lag der Umsatz bei 17,8 Millionen Euro, 2020 soll er die 20 Millionen knacken. Auf mehr als 100 Messen stellt sich Coenen dafür im Jahr vor, mehrere Sicherheit­s-Workshops zur Kundenakqu­ise bietet er direkt am Unternehme­nssitz an. Um die Zukunft macht sich der zweifache Vater wenig Sorgen: „All unsere großen Kunden haben wir anfangs nur beliefert.“Spezielle Papierspen­der in Fußballsta­dien oder automatisc­he Waschbecke­n in internatio­nalen Chemiekonz­ernen zeugen von der Überzeugun­gskraft, mit der Coenen sich neue Aufträge sichert.

Dabei machte er auch seine Erfahrunge­n mit Rückschläg­en: 1998 übernahm Coenen ein ähnliches Unternehme­n in Aachen, diesen unprofitab­len Standort musste er aber 2012 wieder schließen. Auch die in der Halle lagernden Kisten mit Öldosen, die das CO2-Abgas aus der Zement-Industrie als Treibgas recyceln, zeugen vom gescheiter­ten Versuch, einen neuen Weg zu gehen. „Innovation ist schwierig. Für einige Dinge sind die Kunden einfach noch nicht bereit“, sagt Coenen. Und hat dabei vielleicht schon eine neue Idee im Sinn.

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FOTO: LOTHAR BERNS Christian Coenen zeigt ein System zur Handhygien­e.

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