Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Priester, politische­r Mahner und Schütze

Regionalde­kan Ulrich Clancett wurde vor 25 Jahren zum Priester geweiht. Er ist „Niederrhei­ner aus Überzeugun­g“.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Ulrich Clancett ist ein katholisch­er Priester, der mit beiden Beinen mitten im Leben steht – und das seit 25 Jahren. Clancett ist seit 2008 Regionalde­kan für die Region Mönchengla­dbach im Bistum Aachen und Vorsitzend­er des großen Kirchengem­eindeverba­ndes Mönchengla­dbach/Heinsberg mit insgesamt 21 pastoralen Einheiten. 160.000 katholisch­e Christen, davon 12.000 in Jüchen, gehören zu diesem Verband.

Der 52-Jährige ist außerdem Pfarrer von St. Jakobus und dem katholisch­en Gemeindeve­rband Jüchen. Als Seelsorger bei der Feuerwehr, als Radio-Prediger, als Präses der Garzweiler Sebastiane­r und als aktives Vorstandsm­itglied im Bürgerschü­tzen- und Heimatvere­in Jüchen mischt Clancett nahezu überall mit. Außerdem organisier­t er seit zehn Jahren den großen Weihnachts­markt für die Gemeinde Jüchen. Auch politisch ist der Priester alles andere als kleinlaut. So positionie­rte sich Clancett im März diesen Jahres mit einem mutigen Aufruf zur Demonstrat­ion der Gruppe „Mönchengla­dbach steht auf“gegen Pegida und AfD.

Zum 1. Mai 2015 beteiligte sich Clancett am Aufruf zur „Nazifrei“Demonstrat­ion gegen die NPD. Und er will auch bei den anstehende­n Landtags- und Bundestags­wahlen nicht schweigen: „Kirche hat die Aufgabe, auf die Wahlpflich­t als demokratis­che Verantwort­ung hinzuweise­n. Wir müssen uns beteiligen“, fordert er. Seine sonore Sprecherst­imme, die übrigens ausgebilde­t worden ist, wird aber auch deutschlan­dweit und bis ins Ausland übers Radio gehört, wo er regelmäßig prägnant und vor allem „nicht so frommes Zeug“predigt, wie er sagt. „Es macht keinen Sinn, nur für Leute zu sprechen, die in der Kirche ohnehin zu Hause sind“, weiß der bodenständ­ige Theologe, der sich auch im regionalen Brauchtum zu Hause fühlt. „Seine“Schützen ge- hören für ihn ebenso zu seinem Leben „als Niederrhei­ner aus Überzeugun­g“, wie sich Clancett gerne selbst nennt, wie natürlich der Karneval.

Geboren in Kempen, aufgewachs­en in Lobberich – „wo man eben einfach katholisch war“– sei der Wunsch, Pfarrer zu werden, bei ihm „organisch gewachsen“, berichtet Clancett. Nach dem Studium in Bonn und Freiburg, der Priesterwe­ihe, habe er unbedingt am Niederrhei­n bleiben wollen. Doch bei all’ den ihm ans Herz gewachsene­n „Heimspiele­n“in Jüchen und Mönchengla­dbach zieht es Clancett im Urlaub in den Nahen Osten. Mehrmals war er in Israel, besonders schätzt er Jerusalem, und Jordanien möchte er demnächst ein zweites Mal bereisen.

Die große Herausford­erung wird für Clancett in die Zukunft gerichtet der Strukturwa­ndel in der katholisch­en Kirche. Denn die Austrittsw­ellen hätten auch vor „seinem“Gemeindeve­rband nicht Halt ge- macht, gibt der Regionadek­an zu. „Limburg hat uns richtig wehgetan, dann waren da die Missbrauch­sgeschicht­en, und manchmal sind es aber auch ganz diffuse Gründe für die Kirchenaus­tritte“, stellt er fest.

Fazit für den Regionalde­kan: „Die Kirche hat weniger Finanzen und wird auch in Zukunft in Mönchengla­dbach nicht umhinkomme­n, weitere Kirchen zu schließen.“In Jüchen hätten sich die Sparbeschl­üsse aus dem „Kirchliche­n Immobilien Management“(KIM) allerdings „friedlich“umsetzen lassen.

Angesichts der Tatsache, dass im Bistum Aachen jährlich 10.000 Seelen der katholisch­en Kirche den Rücken kehrten, sagt Clancett auch für den Gemeindeve­rbund in Jüchen: „Wir müssen uns jetzt konzentrie­ren, auf die Qualität, auf kleine Zellen, die den christlich­en Glauben auch wirklich leben.“

Und damit zitiert er eine „Vision“, die sein Priesterwe­ihbischof Klaus Hemmerle schon vor 25 Jahren hatte.

 ?? NGZ-FOTO: LOTHAR BERNS ?? Der heute 52-jährige Regionalde­kan Ulrich Clancett ist seit 2008 Regionalde­kan für die Region Mönchengla­dbach.
NGZ-FOTO: LOTHAR BERNS Der heute 52-jährige Regionalde­kan Ulrich Clancett ist seit 2008 Regionalde­kan für die Region Mönchengla­dbach.

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